Die Originalsammlung

Kathrin Thull

„Scherben bringen Glück – aber nur dem Archäologen“ stellte schon Agatha Christie fest. In diesem Sinne scheint es auch nicht verwunderlich, dass Hans Schrader einige Jahre nach Gründung des Instituts das Fundament der archäologischen Originalsammlung mit 58 griechischen Scherben legte, die er 1918/19 von seinen Fachkollegen F. Winter und W. Weber erhielt. Darauf folgt schon bald, 1924, der Erwerb der beiden bedeutenden attisch-weißgrundigen Lekythen des Achilleusmalers und eines Schülers, die Schrader selbst mit 1000 Reichsmark mitfinanzierte. Die Restsumme von 2000 Reichsmark konnte er durch Spenden bestreiten.

Bis in die Mitte der 50er Jahre konnte eine Mischung von Terrakotten, Kleinbronzen, Gefäßen, weiteren Scherben, Lampen und kleineren Skulpturenfragmenten für die Sammlung gewonnen werden. Die genauen Daten und die Hintergründe der Eingänge  blieben jedoch weitgehend undokumentiert und sind daher ungeklärt. Lediglich die Übernahme eines Nachlasses von Dr. August Jassoy, Frankfurt, im Oktober 1944 ist aktenkundig. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Terra Sigillata Scherben. Durch den Nachlass Felix Böltes gelangten weitere griechische Scherben, die er von seinen Reisen mitbrachte, nach dem Krieg an das Althistorische Seminar und später in die archäologische Sammlung. Durch eine Etrurien-Exkursion des Archäologischen Seminars 1955 konnte die Sammlung noch durch einige Lesefunde sowie kleinere Erwerbungen ergänzt werden.

Mit  dem Amtsantritt Gerhard Kleiners im Jahre 1956 wurden  gezielte Ankäufe getätigt,  teils durch Berufungsgelder finanziert. Zu den beiden weißgrundigen Lekythen gesellten sich Keramikgefäße aus der geometrischen bis zur hellenistischen Epoche. Kleiners Forschungen in Milet führten zu Anschaffungen kleinasiatischer Objekte wie u.a. einer orientalischen Bronzeschale und zwei  hellenistischen Formschüsseln. Ein Teil der Vasensammlung wurde nun im ersten Frankfurter Band des „Corpus Vasorum Antiquorum“ durch Kurt Deppert erstmals publiziert,. Der Historiker Otto Vossler schenkte dem Institut kurz vor Kleiners Emeritierung eine Vielzahl mykenischer Gefäßscherben und Terrakottenfragmente. Peter Hommel, Mitarbeiter Kleiners in Milet und Kustos des Sammlung, vermutete, dass diese aus der Ausgrabung von Heinrich Schliemann in Orchomenos stammen.

Unter Kleiners Nachfolger Hans von Schreuben erhielt die Originalsammlung zuletzt Zuwachs durch zwei Fragmente antiker Skulptur: das Gesichtsfragment einer römischen Kopie eines griechischen Philosophenporträts und das Fragment eines kolossalen römischen Bildnisses aus Kleinasien. Bei Letzterem handelt es sich möglicherweise um Octavian, den späteren Kaiser Augustus. Diese Skulpturen sowie weitere Stücke an Kleinkunst und Keramik wurden 1991 im Liebieghaus in Frankfurt ausgestellt.   
Die Originalsammlung dient heute zur Unterstützung der Lehre im Fach Klassische Archäologie. Neben der Klassischen Archäologie besitzen auch die anderen Disziplinen im Institut für Archäologische Wissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt eigene Sammlungen, von denen ausgewählte Objekte zusammen mit den beiden Klassischen jetzt erstmals in einem Gesamtprojekt der Archäologien,  der Ausstellung „vom Objekt zur Kulturgeschichte“ zu sehen sind.

Literatur: U. Mandel, Die Originalsammlung des Archäologischen Instituts der Universität Frankfurt, in: M. Herfort-Koch – U. Mandel – U. Schädler (Hrsg.), Begegnungen. Frankfurt und die Antike (Frankfurt a. M. 1994) 389 f.

Ein Kopfgefäß aus der Originalsammlung der Klassischen Archäologie (Foto: Jessica Pulver)

Kathrin Thull, Die Originalsammlung, in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 11.03.2015, URL: https://use.uni-frankfurt.de/objekt-kulturgeschichte/thull/.

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