Dr. Werner Neumann

Werner Neumann
Studium 1972-1978 (Physik)

Interview: Martin van Kampen; Schnitt: Leonardo Dalessandro, Juliette Heinikel, Martin van Kampen; Text: Juliette Heinikel, Martin van Kampen

Werner Neumann (*1953) kam 1972 aus dem Frankfurter Gallus-Viertel an die Goethe-Universität. Noch heute erinnert er sich an den Schock, statt in einer kleinen Schulklasse mit 500 Studierenden im Hörsaal zu sitzen. Dort hätten die Professoren lediglich Formeln an die Tafeln geschrieben. Da habe man Schwierigkeiten gehabt alle Zusammenhänge zu verstehen.

An der Frankfurter Universität gab es zu der Zeit eine Vielzahl an politischen Hochschulgruppen. Eine Fachschaftsgruppe Physik habe aber noch nicht wirklich bestanden. Er berichtet, wie sie die Fachschaft neu belebten und ein altes Kino in der Gräfstraße – die „Camera“ – besetzten, um dort Versammlungen abzuhalten, Flugblätter zu schreiben und herzustellen.

Nicht nur in der „Camera“ wurden Studieninhalte und Studienbedingungen hinterfragt. Regelmäßig wurden Vorlesungen „gesprengt“. Neumann erzählt von vielfältigen Aktionen, um über Themen wie die politische und gesellschaftliche Rolle der Physik zu diskutieren.

Auch über das Fach hinaus engagierte sich Neumann für die Interessen von Studierenden und lernte in den Aktionsgruppen Studierende anderer Fachbereiche kennen. Drei Interessensschwerpunkte nennt er, die sein Studium über das Examen hinaus bis zur Promotion durchzogen hätten: Zuerst die gesellschaftliche Rolle der Physik – er habe stets nach ihrer Verwendung als Kriegs- oder Friedensinstrument gefragt; dann die Verbesserung der Studienbedingungen; weiter habe er sich für ein fundiertes Verständnis von Physik durch qualifizierte Hochschuldidaktik eingesetzt.

Gegen Ende seines Studiums habe seine Beteiligung an Protesten jedoch abgenommen. Neumann wollte sich auf seine Diplomprüfung konzentrieren, die er dann 1978 ablegte. Seine Interessen hatten sich aber auch weiterentwickelt, der Umweltschutz rückte immer mehr ins Zentrum. 1986 gründete er deshalb mit Kommilitonen verschiedener Universitäten ein Umweltlabor in der Oberurseler „Krebsmühle“. Nach Tschernobyl sei das Labor sehr gefragt gewesen. Bis heute engagiert sich Neumann beim Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland.