Holthausens Position in der Wissenschaft
Holthausen stellte sein Leben ganz in den Dienst der Wissenschaft. Bis ins hohe Alter veröffentlichte er noch wissenschaftliche Beiträge und vor allem umfassende Werke im Bereich der Wortetymologie. Neben seiner Arbeit als Etymologe war Holthausen ebenfalls darum bemüht, ältere Texte zu edieren und zu kommentieren.
Etliche Geburtstagsglückwünsche zeugen von der Anerkennung, die ihm von Kollegen entgegengebracht wurde. Seine Wörterbücher werden von Zeitgenossen als „vortreffliche Lehrbücher“ bezeichnet, seine wissenschaftliche Tätigkeit als „fruchtbar[ ]“, „umfangreich“, „tiefschürfend“ [1] und „nimmermüde“ [2]. Wilhelm Horn von der Universität Breslau schreibt 1930 anlässlich Holthausens 70. Geburtstag, dass es in einer „Zeit, wo die Literaturgeschichte die anderen Aufgaben der Philologie so stark zurückdrängt“, die „Erfassung des Wortlauts der Texte [...] die erste, grundlegende Aufgabe der Philologie“ [3] sei. Vielmals wird auf die zahlreichen Dissertationen verwiesen, die unter der Betreuung von Holthausen entstanden sind. Mehr als zehn Jahre später wird Holthausens Werk auch noch als „imponierende Reihe von beliebten Textausgaben, Elementar- und Wörterbüchern“ [4] bezeichnet. Selbst Jahrzehnte später noch wurden seine Werke in der Forschung und Lehre benutzt; sein ,Altfriesisches Wörterbuch' etwa wurde zuletzt 1985 neu aufgelegt.
Das Werk Holthausens und sein Schaffen für die Wissenschaft wurden von den meisten seiner Kollegen anerkannt, doch im Konflikt mit Imelmann deutet sich eine Schwäche Holthausens an: Seine Leidenschaft für die Forschung und Lehre korrespondiert nicht mit seiner Beliebtheit bei den Studenten. Imelmann erwähnt in seinem ersten Brief an den Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Frankfurt, dass Holthausen eine „anerkannte Lehrschwäche“ [5] habe. Offenbar war die Wortwahl Imelmanns nicht nur der Absicht geschuldet, Holthausens Lehrtätigkeit im Bereich der englischen Philologie zu unterbinden. Bereits im Wintersemester 1917/18 streikten die anglistischen Studenten der Universität Kiel, weil der „erhoffte Konnex zwischen Lehrer und Hörern [...] nicht erreicht“ [6] wurde. In einem darauf folgenden Antrag zur Errichtung einer Ergänzungsprofessur 1921 wurde Holthausens „reiche Forschergabe“ betont, die jedoch „nicht ein gleiches Maß pädagogischer Fähigkeit“ [7] mit sich bringe.
Veronika Hock
[1] Martin Lehnert, Aus den Universitäten. Geheimrat Professor Dr. Ferdinand Holthausen 95 Jahre alt. In: Zeitschrift für Anglistik und Amerikanistik 3 (1955), S. 471f.
[2] Brief von Platzhoff an Holthausen. Frankfurt, Universitätsarchiv [UAF], Abt. 4, Nr. 1328, Bl. 6.
[3] Wilhelm Horn, Ferdinand Holthausen zum siebzigsten Geburtstag (9. September 1930). In: Germanisch-romanische Montsschrift 18 (1930), S. 321f.
[4] Karl Jordan (Hg.), Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel 1665-1965, Band 5. Geschichte der Philosophischen Fakultät Teil 2. Neumünster 1969, S. 269.
[5] UAF, Abt. 134, Nr. 229.
[6] Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel (Anm. 4), S. 270.
[7] Ebd., S. 270.