Brief

bearbeitet von Julia Nagel

Brief
Brief
Fundort der Geniza Altenschönbach
Inventarnummer F III
Umfang Brief (14x6cm)
Fragment 10 Seiten Teḥinot (zusammenhängend)
Erhaltungszustand Sehr gut
Sprache(n) Deutsch, Jiddisch
Autor / Herausgeber, Schreiber unbekannt
Jahr 22. Januar 1864
Ort Frankfurt am Main

Beschreibung und Einordnung

Der gefaltete Brief, der am 22. Januar 1864 in Frankfurt am Main abgestempelt wurde, ist adressiert an „Fräulein Babett Gump Hirsch Sachs, Altenschönbach bey Wiesentheit“. Babett war vermutlich die Tochter (oder Enkeltochter?) des Gump Hirsch Sachs. Sie muss in jedem Fall unverheiratet gewesen sein, da sie mit „Fräulein“ angeredet wird.

Ein Gump Hirsch Sachs ist 1847 im Judenmatrikel von Prichsenstadt genannt und taucht mit der Herkunftsbezeichnung Altenschönbach im Rechenschaftsbericht über die Israelitische Lehrerbildungsanstalt in Würzburg von 1869 als Beitragszahler des Jahres 1866 auf. Weiterhin lässt sich ein Hausvorstand namens Hirsch Gump Sachs, der das Handwerk eines Baumwollwebers ausübte, in der ehemaligen jüdischen Gemeinde Altenschönbach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachweisen. Unklar ist, ob es sich dabei um dieselbe Person handelt oder um Vater und Sohn. Zur weiteren Feststellung seiner Identität wären die standesamtlichen der jüdischen Einwohner von Altenschönbach (im Stadtarchiv Prichsenstadt) hilfreich gewesen, doch diese beginnen erst ab 1876. Recherchen in Datenbanken unterfränkischer Juden ergaben leider auch keine weiteren Hinweise.

Der Absender des Briefes ist leider nicht bekannt. Auch lässt sich der handschriftliche Text in Sütterlin-Kurzschrift im inneren des Briefes bis auf die Abkürzung „No. 6“ nicht entschlüsseln.

Der Brief war eingelegt in ein jiddisches Frauengebetbuch, vermutlich als Lesezeichen. Es handelt sich vermutlich um ein Fragment aus dem Seyder tekhines u-vakoshes (Sulzbach 1794). Tekhines-Sammlungen (Bittgebete, hebräisch Teḥinot) wurden seit dem 16. Jahrhundert gedruckt und enthalten v.a. jiddische Gebete für Frauen. Diese Frauengebetbücher wurden weniger im synagogalen Gottesdienst genutzt, als vielmehr individuell im häuslichen Alltag. Sie enthalten z.B. private Gebete für die Wochentage, den Shabbat und die Festtage und behandeln spezielle Themen im Leben einer Frau wie Schwangerschaft und Geburt.

 

Ich danke Walter Steinhauser und Hans-Peter Kern für Hilfe bei der Identifizierung von Gump Hirsch Sachs.

Julia Nagel, Brief, in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 30.04.2014, URL: use.uni-frankfurt.de/geniza/fragmente/nagel.

Nachweis der Bildrechte auf dieser Seite

Genisaprojekt Veitshöchheim, Foto: Elisabeth Singer-Brehm