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Bodo Mergell

Im Blick der Nachwelt

"Am 11. April wurde der außerordentliche Professor der germanischen Philologie an der Universität Mainz, Dr. Bodo Mergell, den Seinen, den Freunden und der Wissenschaft nach kurzer Krankheit durch einen unerwarteten Tod allzufrüh entrissen. Damit ist eine der stärksten Hoffnungen der mittelalterlichen Forschung unvollendet dahingegangen."

Stammler, Wolfgang: Bodo Mergell zum Gedächtnis, in: Wolfram-Jahrbuch (1954), S.111



"Die Nachricht vom Hinschied Bodo Mergells am 11. April 1954 fiel bestürzend auf Freunde, Kollegen und Schüler. Der Tod hatte ihm nicht die kleinste Frist gestattet, das frühe Ende eines reichen Lebens mußte grausam und sinnlos erscheinen. [...] Wir verstehen jetzt, das Wagnis seiner Würfe, die Kühnheit seiner Thesen, denen wir oft ein noch längeres Reifen gewünscht hätten; wir verstehen, warum er sich nicht Rast und Erholung gönnte, warum er fast atemlos seine Aufgaben, seine Pläne in Angriff nahm und der Verwirklichung entgegentrieb; ihm war die Zeit für langsames Wachsen und Reifen nicht vergönnt, er mußte früh vollenden. […]
Bodo Mergell war geschaffen, mit Neuem zu begeistern und für Neues zu überzeugen […].
Das äußere Leben Bodo Mergells zog ruhige Bahnen. Er war gebunden an den hessischen Raum. In Frankfurt hat es seine Mitte gefunden – wie innig liebte er seine Stadt, nicht nur die alte mit dem Römer und anderen Zeugen einer ruhmvollen Vergangenheit, auch die zerschlagene mit ihren Trümmern und Wunden, um die, schnell und fremd, eine neue Stadt sich auftürmte! […]
Fast wäre Mergell zum Romanisten geworden, bis ihn Julius Schwietering mit einem anspornenden Wolfram-Thema endgültig zur Germanistik hinüberzog. […]
Sein Geist, sein Wesen, so saget er mir einmal, sei 'wie nach Maß' auf das deutsche Mittelalter zugeschnitten. Bodo Mergell war in weiten Räumen der deutschen und der Weltliteratur zu Hause, sein einzigartiges Gedächtnis gestattete ihm ein müheloses Beherrschen weiter Forschungsfelder, sein Interesse war nach allen Seiten der geistigen Welt hin wach: daß er sich 'dem Einen widmete'. Wolfram und seiner Zeit, zeugte nicht nur von einer großen und tiefen Liebe, sondern auch von weiser Selbstbeschränkung. […]
Das Beste und Schönste strömte Mergell aber doch wohl aus der Fülle seines Herzens zu. Es brannte in heiligem Feuer für alles Große, Edle und Schöne. Es war durchglüht von den großen Gegenständen seines Forschens, ihnen galt die reinste Liebe, die größte Begeisterung, das innigste Bemühen. Ich habe ihn um dieses Feuer, um dieser Hingabe willen so sehr geliebt, und viele mit mir, […]."

Ruh, Kurt: Bodo Mergell, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 74,1 (1955), S.80ff.

Bildnachweis: Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG (für die Todesanzeige Bodo Mergells)