Skandal in Rom
Sulla schändet griechische Heiligtümer, Cicero besudelt das öffentliche Ansehen der Clodia, Kaiser Caligula vergreift sich an seinen Schwestern und verschleudert staatliche Reichtümer, fremde Kulte verderben Roms Jugend, Antonius verrät Rom an Kleopatra, Hadrian ernennt seinen Lieblingsjüngling Antinoos zum Gott. Ereignisse wie diese prägen noch heute unser Bild des alten Rom. Aber wie und wann wurden diese Geschichten zu Skandalen?
Mit der Genese und Überlieferung dieser Fälle und der Frage, wie aus einem Ereignis ein Skandal werden kann, hat sich die Übung in zwei Schritten auseinander gesetzt. Zunächst wurden zwei moderne Skandaltheorien, Sighard Neckels „Stellhölzchen der Macht“ und Karl Otto Hondrichs „Enthüllung und Entrüstung“, gelesen und auf die Charakteristika und Funktionsweisen von Skandalen hin analysiert. Dabei stellte sich schnell heraus, dass einige der von den Autoren formulierten Grundvoraussetzungen von erfolgreicher Skandalierung – wie die Existenz von Massenmedien und von Meinungs-/Pressefreiheit – vor allem für moderne Mediengesellschaften in demokratischen Systemen gegeben zu sein schienen, andere Aspekte – wie die „Skandal-Triade“ aus Skandalierer, Skandalierten und einem Publikum – aber durchaus auch auf antike Gesellschaften passen konnten.
Im zweiten Schritt wurde daher die Überlieferung römischer Skandale in einschlägigen Passagen antiker Schriftquellen vor dem Hintergrund der Skandaltheorien einer eingehenden (Neu-)Betrachtung unterzogen. Ziel war es, herauszuarbeiten, wie und wann die berühmten Skandale des alten Rom entstanden und ob sich mit Hilfe der modernen Theorien neue Erkenntnisse über ihre Genese und Funktion gewinnen ließen. Dabei zeigte sich, dass Mechanismen und Funktionen des Skandals, wie beispielsweise die Inszenierung der Enthüllung von Normenbrüchen, die zur gezielten Delegitimierung politischer Gegner genutzt werden kann, oft aber auch einfach nur ein Nebeneinander konkurrierender Normenvorstellungen aufzeigt, sich auch in den römischen Fällen beobachten lassen. Die Existenz von Massenmedien, die die schnelle und weitreichende Verbreitung von Skandalen fördern, fungiert in modernen Skandalen sicherlich als verstärkender Faktor, bedeutet aber keinesfalls, dass dies in Rom nicht – wenn auch in einem kleineren Rahmen – auf der Basis des gesprochenen Wortes ebenfalls wirkungsvoll funktionieren konnte.
Um auch aktiv Einblicke in die Strategien und Mechanismen der Skandalierung zu bekommen und gleichzeitig zu erfahren, wie sehr genrebedingte Faktoren (Umfang der Skandalnachrichten, spezifische Formate, Zielpublikum) die Auswahl von Themen und die Argumente der Skandalierung bestimmen können, haben die Teilnehmerinnen römische Skandalthemen in Formate der modernen Massenmedien gebracht, also Artikel für „römische“ Versionen bekannter Presseerzeugnisse und Social-Media-Formate verfasst und sich beispielsweise überlegt, wie Caligula sein Verhalten wohl im Interview erklärt hätte.
Die so entstandenen Texte wurden in den Semesterferien nochmals aufgearbeitet, einem wechselseitigen Peer-Review unterzogen und von den Dozentinnen anschließend grafisch umgesetzt.
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Dozentinnen: Dr. Muriel Moser-Gerber & Dr. Annika Klein
Veranstaltungsart: Übung
Semester: Sommersemester 2017
Fachbereich/Institut: FB08 - Historisches Seminar
Personen
Zeitungsartikel
Kurznachrichten
Anmerkungen und Copyright
Empfohlene Zitierweise:
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Beispiele:
@Antoniusofficial, 17 May 36 BC, Skandal in Rom, Projekt unter der Leitung von Muriel Moser-Gerber und Annika Klein. 2018. Onlinefassung. URL: use.uni-frankfurt.de/skandalinrom/
Die Clementia des Caligula, Tempus, Skandal in Rom, Projekt unter der Leitung von Muriel Moser-Gerber und Annika Klein. 2018. Onlinefassung. URL: use.uni-frankfurt.de/skandalinrom/
Literatur
Moderne Skandaltheorie
Hondrich, Karl Otto (2002). Enthüllung und Entrüstung. Eine Phänomenologie des politischen Skandals. Frankfurt am Main, S. 9-37 und 55-73.
Neckel, Sieghard (1989). Das Stellhölzchen der Macht. Zur Soziologie des politischen Skandals. In: R. Ebbighausen (Hrsg.), Anatomie des politischen Skandals, Frankfurt am Main, S. 55-80.
Skandalkaiser
Ronning, Christian (2011). Zwischen ratio und Wahn. Caligula, Claudius und Nero in der altertumswissenschaftlichen Forschung. In: A. Winterling, (Hrsg.), Zwischen Strukturgeschichte und Biographie. Probleme und Perspektiven einer neuen römischen Kaisergeschichte. 31 v. Chr. – 192 n. Chr. München, S. 253-276.
Witschel, Christian (2006). Verrückte Kaiser? Zur Selbststilisierung und Außenwahrnehmung nonkonformer Herrscherfiguren in der römischen Kaiserzeit. In: C. Ronning (Hrsg.), Einblicke in die Antike. Orte - Praktiken - Strukturen. Münchner Kontaktstudium Geschichte Bd. 9, München, S. 87-129.
Datierung in der Antike
Deißmann, Marieluise (2006). Daten zur antiken Chronologie und Geschichte. Stuttgart.
Blum, Hartmut / Wolters, Reinhard (2011). Alte Geschichte studieren. Konstanz, S. 183-199.
Quellen
Antike Autoren
Cassius Dio, Römische Geschichte. Band III. Bücher 44-50. Übersetzt von Otto Veh, 1986, Zürich.
Cassius Dio, Römische Geschichte. Band IV. Bücher 51-60. Übersetzt von Otto Veh, 2007, Darmstadt.
Cicero, Pro Caelio: Cicero, Pro Caelio, edited with an introduction and notes by Elisabeth Keitel, 2010, Newburyport, MA.
Livius: T. Livius, Römische Geschichte. Buch XXXIX-XLI. Lateinischen und deutsche herausgegebene von Hans Jürgen Hillen, 1983, München.
Sueton, Kaiserbiographien: Suetonius. With an English translation by J.C. Rolfe. Bd 1, Cambridge/Mass (lateinischer Text mit englischer Übersetzung.
Moderne Autoren
MA: Mona Adnane.
LH: Laura Henkel.
JK: Johanna Kempf.
AK: Annika Klein.
MM: Muriel Moser.
TR: Theresa Ricke.
MS: Magdalena Schedlberger.
Layout und Gestaltung der Beiträge
Annika Klein
Muriel Moser
Gestaltung der Website
Annika Klein
Tomas Schauermann
Bildnachweise
Personenportraits
Antinoos und Hadrian: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 00028a00 [Symbolbild: Abbildung zeigt Büste der Iuno Moneta].
Caligula: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99995a00.
Cassius Dio: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99999a00 [Symbolbild: Abbildung zeigt "Bürgerkrieg" Denar].
Clodia und Cicero: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. I (Fotograf: Recke, Matthias), 1779 [Symbolbild: Abbildung zeigt Büste eines Unbekannten].
Kleopatra und Antonius: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99996a00 [Abbildung zeigt Antonius].
Livius: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 02520r00 [Symbolbild: Abbildung zeigt Homer mit Buchrolle].
Octavia und Octavian: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 00029a00 [Abbildung zeigt Octavian].
Senat: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99998r00.
Sueton: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 03076r00 [Symbolbild: Abbildung zeigt Homer, sitzend].
Sulla: Glyptothek München, wiki commons, José Luiz Bernardes Ribeiro / CC BY-SA 4.0.
Kurznachrichten
AntinoosFanClub: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 00028a00 [Symbolbild: Abbildung zeigt Büste der Iuno Moneta].
M. Antonius: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99996a00.
Caligula: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99995a00.
Fama Romana: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. I (Fotograf: Recke, Matthias), 1784.
IMAGO: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. I (Fotograf: Recke, Matthias), 1786.
ImperiumRomanumUnderground: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. I (Fotograf: Recke, Matthias), 1835.
Kleopatra: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), M98r.
Livius: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 02520r00 [Symbolbild: Abbildung zeigt Homer mit Buchrolle].
Octavia: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99996r00.
Octavianus: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 00029a00.
RumorRomanus: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. I (Fotograf: Recke, Matthias), 1779.
SPQR: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99998r00.
Suetonius: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 03076r00 [Symbolbild: Abbildung zeigt Homer, sitzend].
Tempus
Münze Caligula: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99995a.
Imago
S. 1: Büste Sulla, Glyptothek München, wiki commons, José Luiz Bernardes Ribeiro / CC BY-SA 4.0.
S. 2: Münze Caligula: Goethe Universität, Institut für archäologische Wissenschaften, Abt. II (Fotograf: George Watson), 99995r.
Speculum
Titelseite: Foto Säule: Annika Klein.
S. 2: Foto Brücke: Teresa Ricke.
S. 4: Stich Caligula: Shumway, Edgar S.: A day in ancient Rome; being a revision of Lohrs’s „Aus dem alten Rom“, with numerous illustrations. New York, Chautauqua press 1885, S. 59.