Studieren in Frankfurt in der Nachkriegszeit

Informationen zur Veranstaltung
Dozentin: PD Dr. Barbara Wolbring
Veranstaltungsart: Seminar
Semester: WiSe 2011/12
Fachbereich / Institut: Philosophie und Geschichtswissenschaften (FB 08), Historisches Seminar
Studentische Beiträge: Displaced Persons an der Uni | Frankfurt-Chicago-Austausch | Rotkreuz-Studentengruppe
Das Thema
Trümmer und Ruinen, Hunger, Vertreibung und Entwurzelung prägten die erste Nachkriegszeit, doch auch die Hoffnung auf einen Neubeginn, auf Demokratie, auf eine Zukunft ohne Nationalsozialismus und Krieg. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und des Krieges war Deutschland von den Siegermächten besetzt, Verwaltungen begannen allmählich, unter Aufsicht der Alliierten, wieder zu arbeiten.
Die politische Entwicklung und ihre Auswirkung auf den Alltag der Menschen haben die Studierenden am Beispiel der Johann Wolfgang von Goethe-Universität und ihrer Studierenden kennengelernt. Sie haben dann jeder ein eigenes kleines Forschungsthema selbständig entwickelt und auf der Grundlage von Akten des Frankfurter Universitätsarchivs bearbeitet.
Struktur des Seminars
Das Seminar ist der Struktur des Forschungsprozesses in der Geschichtswissenschaft gefolgt. Die Studierenden haben sich zunächst mit Hilfe der allgemeinen Grundlagenliteratur in die Geschichte der Zeit eingearbeitet und die Geschichte der Frankfurter Universität kennengelernt. Von dieser Grundlage aus haben sie sich weiter in die aktuelle Forschungsliteratur eingearbeitet. Die Studierenden haben das Universitätsarchiv und seine Bestände kennengelernt. Sie haben anhand der Akten und der Forschungsliteratur selbst nach geeigneten Forschungsgegenständen gesucht, ihre Forschungsfragen und Zwischenergebnisse miteinander besprochen. Auch der Forschungs- und Schreibprozess selbst war wichtiger Bestandteil des Seminars.
Struktur und Funktionsweise einer wissenschaftlichen Argumentation hat Nadja Sennewald, eine der Leiterinnen des Schreibzentrums der Goethe-Universität, erklärt und damit erste Versionen der Einleitungen besprochen. Als Prüfungsleistung war eine Hausarbeit im Umfang von ca. 35.000 Zeichen zu schreiben.
Von Beginn an bestand die Möglichkeit, die Ergebnisse dieser studentischen Forschungen zu veröffentlichen. Um aus den Hausarbeiten des Seminars einen ersten wissenschaftlichen Aufsatz zu formen und diesen zur Publikationsreife zu bringen, waren inhaltliche und sprachliche Überarbeitungsschritte erforderlich, die einige der Seminarteilnehmer*innen im Sommersemester 2012 unternahmen.
Mit Mitteln des Förderfonds Lehre wurde es möglich, dass die Studierenden hierbei von einer Journalistin angeleitet und unterstützt wurden. Die HR-Redakteurin Heike Ließmann erklärte Grundregeln des Textaufbaus und der sprachlichen Überarbeitung und gab Hinweise zu den einzelnen Texten. Drei Studierende haben Zeit und Mühe investiert, ihre Texte bis zur Publikationsreife zu überarbeiten.
Die Themen
Elisa Lecointe ist in den Matrikelbüchern aufgefallen, dass die wenigen ausländischen Studierenden, die sich in den ersten Nachkriegssemestern in Frankfurt einschrieben, alle aus dem Baltikum stammten, die meisten von ihnen aus Litauen. Sie hat nach den Gründen hierfür geforscht und versucht, mehr über diese Studierenden zu erfahren.
Daniel Sittmann hat das Fenster zur Welt interessiert, das sich den Frankfurter Studierenden auftat, als der Professoren-Austausch der Universitäten Frankfurt und Chicago 1948 begann.
Carsten Richter hat sich für studentisches Leben interessiert und ist bei seinen Forschungen auf die Spuren der ersten Studentenvereinigung gestoßen, die nach Kriegsende gegründet wurde. Die Rot-Kreuz-Studentengruppe war als bewußte Alternative zu den studentischen Korporationen und Verbindungen geplant. Deshalb traf man sich nicht zu Kneipenabenden und Festduellen, sondern organisierte Wohltätigkeitskonzerte mit dem Ziel, notleidende Kommilitoninnen und Kommilitonen zu unterstützen durch Kleider und Lebensmittel.
Studentische Beiträge

Beginn einer deutsch-amerikanischen Freundschaft
von Daniel Sittmann
Am 5. April 1948 landete eine Gruppe von sechs Professoren der Universität Chicago auf dem Frankfurter Rhein-Main Flughafen. Mit der Ankunft der Professorengruppe begann gleichzeitig der erste offizielle Universitätsaustausch zwischen einer deutschen und einer amerikanischen Hochschule nach dem Krieg. [Beitrag lesen]

Die studentische Rot-Kreuz-Gruppe nach 1945
von Carsten Richter
Als Teil des Neubeginns nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg gründeten Frankfurter Studenten eine Gemeinschaft, die in Deutschland einzigartig war: die Rotkreuz-Studentengruppe. [Beitrag lesen]

Displaced Persons an der Uni: Litauische Studierende an der GU in den ersten Nachkriegsjahren
von Elisa Lecointe
In den ersten Nachkriegssemestern studierten nahezu genauso viele ausländische Studierende an der Goethe-Universität in Frankfurt wie heute. Ihr Anteil an der Studentenschaft betrug zwischen zehn und 13 Prozent - sie waren alle Displaced Persons. [Beitrag lesen]
Nachweis der Bildrechte auf dieser Seite
Bild 1: Bundesarchiv B 145 Bild F-005759-0014 Foto: Schlempp | 30. Juni 1958
Bild 2: University of Chicago Photographic Archive, [apf3-00671], Special Collections Research Center, University of Chicago Library.
Bild 3: © USE