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Hennig Brinkmann

...Entlassung, Entnazifizierung und Wiederaufnahmebestrebungen

Brinkmanns offizielle Stellungnahme zu seiner NS-Vergangenheit steht in deutlichem Widerspruch zu früheren Äußerungen.(1) Mit seiner Studie "Die deutsche Berufung des Nationalsozialismus" aus dem Jahr 1934 bewies er, dass er auch vor deutlichen antisemitischen Tönen nicht zurückschreckte und mit dem nationalsozialistischen Parteiprogramm wohl vertraut war.(2) Seine späteren Erklärungsversuche klingen dann eher unbeholfen: "Man wird nicht im eigentlichen Sinne erklären können, wie es überhaupt zu solchen Fehlurteilen kommen konnte. Sie sind aus einer Zeit völliger Verwirrung hervorgegangen, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Es ist zu wünschen, daß eine solche Zeit nicht wiederkehrt."(3) 

1945 wurde Brinkmann von seiner Position an der Universität Frankfurt wegen politischer Bedenken enthoben. Eine Wiedereinstellung kam trotz eines Entlastungszeugnisses für die Universität nicht in Frage. In Briefen verweist er auf seine offizielle Entlastung, in der Hoffnung seinen Lehrstuhl zurückzuerlangen:

"Bereits am 14.11.1947 habe ich dem Hessischen Ministerium für Erziehung und Volksbildung in Wiesbaden mitgeteilt, daß ich nach dem Inkrafttreten der Entnazifizierungsgesetze von der dafür zuständigen Stelle, der Denazifizierungskammer des Kreises Lipptstadt, förmlich entlastet worden sein, nachdem schon am 11.10.1946 bescheinigt worden ist, daß gegen mich keine politischen Bedenken erhoben würden. Dieser Mitteilung war das Entlastungszeugnis in beglaubigter Abschrift beigefügt. Inzwischen ist die Rechtslage durch das Gesetz zur Art. 41 GG geregelt. Danach bin ich Beamter zur Wiederverwendung geworden. Diese haben einen Anspruch auf Übergangsgehalt und sollten entsprechend ihrer früheren Rechtsstellung in ein gleichwertiges Amt übernommen werden (§19)."(4)

Doch seine Versuche blieben erfolglos, denn die Universität hatte einen eindeutigen Standpunkt eingenommen, sodass sich auch die Fakultät einstimmig gegen eine Wiedereinstellung von Brinkmann entschied, weil sie der Meinung war, "daß sie es unabhängig von der formalen Entlastung ablehnen muß, Prof. Brinkmann auf die Liste zusetzen, da dessen Verhalten in der Zeit der Hitlerherrschaft, das der Fakultät noch gut erinnerlich ist, ein Zusammenleben und –arbeiten mit Herrn Brinkmann unmöglich macht. Die Kommission wird in der Präambel ihrer Vorschlagliste die detaillierten Gründe für diese Ablehnung aufführen und damit auch dem Ministerium bekanntgeben."(5)

 

Endnoten

(1) Vgl. Brinkmann, Hennig: Stellungnahme. In: Seeliger, Rolf (Hg.): Braune Universität. Deutsche Hochschullehrer gestern und heute. Dokumentation mit Stellungnahmen, Bd. 3, München 1965.

(2) Brinkmann: Berufung, S. 70f., 76.

(3) Brinkmann: Stellungnahme, S. 31.

(4) Brief von Hennig Brinkmann an die Universität Frankfurt, 30.11.1952. Universitätsarchiv Frankfurt, Rektoratsakte Brinkmann.

(5) Brief des Dekans im Namen der Philosophischen Fakultät an den Rektor der Universität Frankfurt, 30.1.1953. Universitätsarchiv Frankfurt, Rektoratsakte Brinkmann.