Ausstellungskonzept und Vorgehensweise
1 Vorarbeiten, Aneignung von Hintergrundwissen, Einarbeitung ins Fachgebiet
Wichtig war es als erstes, eine Sensibilität für individuelle Lebensläufe im akademischen Bereich im Zeitraum zwischen 1914 und 1945 zu entwickeln. Dazu gehörte die Beschäftigung mit der Zeitgeschichte, insbesondere einigen Eckpunkten, die für die Gründungszeit der Universität und die Zeit nach 1933 von Belang waren. Auch wurde die institutionelle Frühgeschichte der Universität Frankfurt (mit entsprechender Fachliteratur) beleuchtet. Wir lasen die erste "Satzung der Königlichen Universität Frankfurt am Main" (August 1914) und die Begrüßungsrede Friedrich Panzers zur Gründung des Germanistenverbandes in Frankfurt am Main (Mai 1912), wir beschäftigten uns mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" (April 1933) und den Vertreibungen der jüdischen Wissenschaftler von der Universität, und schließlich mit den Zielen und Inhalten der sogenannten „Aktion Ritterbusch“ während des Zweiten Weltkriegs, dem "Kriegseinsatz der deutschen Geisteswissenschaften". Daneben wurden die Vorlesungsverzeichnisse verschiedener Semester zwischen 1914 und 1939 analysiert und miteinander verglichen: Welche Informationen halten diese Quellen bereit, was sagen sie über die Realität der akademischen Lehre in Frankfurt am Main? Ein besonderes Augenmerk galt auch dem Funktionieren der Hochschulverwaltung, z.B. dem Fakultätenmodell und dem Vorgehen bei Lehrstuhlbesetzungen. Für die Diskussion der intellektuellen Biographien einzelner Literaturwissenschaftler erwies es sich als hilfreich, die Methodenentwicklung insbesondere in der germanistischen Literaturwissenschaft in den 1910er und 1920er Jahren in einem größeren Rahmen zu rekonstruieren.
Es wurde ein individualgeschichtlich orientierter Zugang zu denjenigen Wissenschaftlerbiographien germanistischer, romanistischer und anglistischer Literaturwissenschaftler gewählt, die zumindest während eines Teils ihres persönlichen und akademischen Werdegangs in Frankfurt gelehrt und geforscht haben. Dieser Zugang wurde mit institutionsgeschichtlichen Fragestellungen verbunden. Auch wurden bei der Auswahl der Wissenschaftler und bei der näheren Thematisierung von deren intellektuellen Biographien die subjektiven Interessen einzelner Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Lehrforschungsseminar berücksichtigt.
Die Art und Weise, wie schließlich die individuell erarbeiteten Wissenschaftler-Porträts angelegt wurden, musste keine Repräsentativität für die intellektuellen Biographien der behandelten Wissenschaftler insgesamt beanspruchen. Die zu erstellenden Porträts sollten schlaglichtartig signifikante Momente in den einzelnen intellektuellen Biographien beleuchten, die mit Frankfurt in einer direkten oder indirekten Verbindung stehen. Mit der Betonung des individuell Besonderen sollte auch das Anekdotische ins Blickfeld geraten dürfen.
2 Rechercheschritte und Wissenschaftler-Porträts
Die Vertrautheit mit dem Archiv der Universität Frankfurt war Bedingung für die zu erstellenden Wissenschaftler-Porträts. Der Leiter des Archivs, Dr. Maaser, gab uns eine ausführliche Einleitung und stellte dabei vor, wie es am besten zu nutzen ist. Wir machten uns zudem je nach Bedarf mit anderen Archiven vertraut, wie dem Archiv des Instituts für Stadtgeschichte oder auch den Archiven einzelner Schulen im Rhein-Main-Gebiet. Wir beschäftigten uns mit wissenschaftsgeschichtlich wichtigen Lexika, wie z.B. dem "Internationalen Germanistenlexikon", und diskutierten einzelne Einträge in inhaltlicher und formaler Hinsicht. Dabei gewannen wir eine recht präzise Vorstellung davon, wie die Frankfurter Literaturwissenschaftler am besten präsentiert werden sollten. Wir sichteten exemplarische Texte aus den Publikationslisten einzelner Wissenschaftler, recherchierten ihre Lebensläufe und ihren akademischen Werdegang mit dem Fokus auf der Zeit in Frankfurt. Wir bezogen außerdem die Lehrveranstaltungen, die sie in Frankfurt gaben, mit ein und, wenn es sich anbot, einige nicht-akademische Publikationen. Beides half dabei, den universitären Alltag der Zeit zwischen 1914 und 1945 nicht aus den Augen zu verlieren. Schließlich wurden längere Essays angefertigt, die eine intensive Auseinandersetzung mit ausgewählten Aspekten im Wirken einzelner Literaturwissenschaftler zum Ziel hatten.
3 Erstellung der virtuellen Ausstellung
Nun wurden die vorhandenen Porträts überprüft und ergänzt sowie die Essays redaktionell bearbeitet. Die Frage nach der Gestaltung der Ausstellung kam nun verstärkt ins Blickfeld. Wir einigten uns schnell auf eine online-Präsentation. Wir erhielten von Dr. Häfner eine Einführung in die freie Software typo3, mit deren technischen Möglichkeiten wir uns vertraut machten und die wir von nun an nutzten. Wir diskutierten ausführlich mögliche Präsentationsweisen und fanden schließlich zu einer einheitlichen Gestaltung der einzelnen Wissenschaftler-Porträts. Ein allgemeiner Teil sollte möglichst einheitlich sein, über ein System von Verlinkungen direkte Vergleiche zwischen einzelnen Wissenschaftlern erlauben und informativ und übersichtlich die Eckpunkte der intellektuellen Biographien darstellen. Ein Mittelteil sollte redaktionell freier gestaltet werden dürfen und einzelne Aspekte, die individuell typisch für eine einzelne Wissenschaftlerbiographie waren, in den Vordergrund stellen. Die Essays sollten nach der redaktionellen Bearbeitung in die Porträts integriert werden. Dann wurde eine Möglichkeit gefunden, eine möglichst übersichtliche Anfangsseite zu erstellen, die den Zugang zu den einzelnen Unterseiten ermöglicht. Die Porträts wurden dann einzeln vorgestellt und diskutiert und schließlich, nachdem alles noch einmal redaktionell überarbeitet wurde, am 14. Mai 2014 in einer feierlichen Eröffnung freigeschaltet.