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Franz Schultz

Eine „gekrönte Preisschrift“ – Dissertation und Habilitationsschrift in einem

Bei der näheren Betrachtung des akademischen Werdegangs von Franz Schultz fällt eine Wiederholung von Thema und Titel der Dissertation und der Habilitationsschrift ins Auge. Und tatsächlich handelt es sich bei seiner Abhandlung über den Literarhistoriker und Kritiker Joseph Görres beides Mal um dieselbe Arbeit. Doch wie kam es dazu?

Das Thema, zu welchem Schultz seine Dissertation verfasste, wurde am 3. August 1897 von der Grimm-Stiftung der Berliner Universität für einen Zeitraum von drei Jahren ausgeschrieben (vgl. Schultz: Joseph Görres, Vorwort, S. V). In seiner Arbeit beschäftigte sich Schultz intensiv mit dem Hochschullehrer, Historiker und katholischen Publizisten Joseph Görres. Er sollte hierbei seinen Fokus auf die Darstellung von Görres „als Herausgeber, Literarhistoriker [und] Kritiker im Zusammenhange mit der jüngeren Romantik“ setzen (Schultz: Joseph Görres, Titelblatt/Vorwort, S. V) und dabei dessen Bedeutung bzw. Position innerhalb dieser literaturgeschichtlichen Epoche und des Fachs der germanistischen Philologie herausarbeiten. Doch letztendlich erweiterte Schultz den zeitlichen Rahmen und beschrieb dies folgendermaßen im Vorwort seiner Dissertation bzw. Habilitation:

Aber auch für den speziellen Zweck erwies sich die Beschränkung auf die jüngere Romantik als zu eng: darum wurde eine gedrängte Darstellung von Görres litterarischen Beziehungen seit Ende der neunziger Jahre des achtzehnten Jahrhunderts vorausgeschickt. Dass sie zum Verständnis des Heidelberger Romantikers notwendig ist, möchte ich deutlich gemacht haben. (Schultz: Joseph Görres, Vorwort S. V)

Einzelne Stationen im Leben von Görres (Pariser Reise, Koblenz, der Zeitraum der Revolution, Heidelberg, Rückkehr nach Koblenz), seine Kontakte u.a. zu Achim von Arnim, Clemens Brentano und zu den Gebrüdern Grimm sowie seine Beiträge und Schriften in den verschiedenen Zeitabschnitten wurden von Schultz in insgesamt drei großen Kapiteln mit einem Briefanhang behandelt.

Das erste Kapitel mit dem Titel „Von der Revolution zur Romantik“ erschien schließlich im Juli 1900 als Schultz` Dissertation.

Die Fertigstellung der weiteren zwei Kapitel mit den Titeln „Heidelberg. Görres und die jüngere Romantik“ und „Görres als Herausgeber, Litterarhistoriker, Kritiker“ sowie der Briefanhang bildeten mit dem ersten Kapitel die Habilitation von Franz Schultz. Der Erstdruck seiner Studie stammt von 1902, ein Nachdruck von 1922. Er widmete seine Habilitationsschrift dem Literaturgeschichtler und Kirchenrechtler Hermann Hüffer, bei welchem er von 1901/02 bis 1903 Privat-Assistent war.

Parallel war Schultz Herausgeber der „Charakteristiken und Kritiken von Joseph Görres“ im Rahmen der dritten Vereinsschrift der „Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland“, die in den Jahren 1900 und 1902 in Köln publiziert wurden.

 

Literatur

Charakteristiken und Kritiken von Joseph Görres aus den Jahren 1804/05. Hg. von Franz Schultz (Schriften der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland, Heft 3) 1. Folge: Köln 1900 / 2. Folge: Köln 1902

Schultz, Franz: Joseph Görres als Herausgeber, Litterarhistoriker, Kritiker im Zusammenhange mit der jüngeren Romantik. Mit einem Briefanhang. Berlin 1902 (Neudruck Berlin und Leipzig 1922)

Velten, Hans Rudolf: Franz Schulz. Internationales Germanistenlexikon 1800-1950, hg. und eingeleitet von Christoph König. Berlin, New York 2003 (CD-Rom)


Bildnachweise

Schultz, Franz: Joseph Görres als Herausgeber, Litterarhistoriker, Kritiker im Zusammenhange mit der jüngeren Romantik. Mit einem Briefanhang. Berlin 1902 (Neudruck Berlin und Leipzig 1922), Titelblatt

Charakteristiken und Kritiken von Joseph Görres aus den Jahren 1804/05. Hg. von Franz Schultz (Schriften der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im katholischen Deutschland, Heft 3) 1. Folge: Köln 1900, Titelblatt


Aus der Einleitung der „Charakteristiken und Kritiken von Joseph Görres. Erste Folge"

Schultz über die Aufgabe der Literarhistoriker hinsichtlich der Erforschung von Joseph Görres. Eben jene präzise ermittelnde Haltung vertritt Schultz auch im Bezug auf seine eigene Methodik in der Forschung:

„die […] wissenschaftliche Aufgabe, sein [Görres] Leben allseitig zu durchforschen und aufzuhellen, seine inneren Erlebnisse psychologisch zu ergründen und darzustellen, sie in Beziehung zu setzen zu seiner Zeit und der unserigen und – was allem vorauszugehen hat – selbst scheinbar unwesentliche Erzeugnisse seines Geistes als Quellen zu sammeln und auszuschöpfen und ihnen in der allgemeinen litterarischen wie in seiner individuellen Entwicklung die Stellung anzuweisen. Erst wenn man aufzeigt, was er seiner Zeit und der Tradition verdankt, wie er die geistige Erbschaft in sich aufnahm, weiter bildete und den Kommenden überlieferte, wird man völlig klar überschauen, wie viel die Wissenschaft und das höhere Leben überhaupt ihm schuldig sind“ (Schultz: Charakteristiken und Kritiken, 1. Folge, S. 1f.).

Titelblatt von Schultz´ Dissertation und Habilitationsschrift

 

 

Titelblatt der "Charakteristen und Kritiken von Joseph Görres. Erste Folge"