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Wilhelm Emrich

Im Blick der Nachwelt

Ernst Erich Noth über seine Kommilitonen (u.a. Wilhelm Emrich):

„Wir waren damals dem Hakenkreuz und auch einander gegenüber sieben Aufrechte, und wir sind alle (außer Cunz) noch immer am Leben: das ist vielleicht das Erstaunlichste an der Sache. Offenbar stimmt es doch nicht unbedingt, daß man in ihr umkommt, wenn man sich in Gefahr begibt.“

Ernst Erich Noth: Erinnerung eines Deutschen. Erstes Buch: Die Deutschen Jahre. Frankfurt am Main 2009, 9. Kapitel, S. 273


„Prägend für sein literaturgeschichtliches Denken war die enge Verbindung von Literatur und Geschichtsphilosophie. Vor seiner Berufung nach Berlin hatte er 1957 mit seinem Kafka-Buch eine Brücke zwischen Klassik und Moderne geschlagen auf dem gleichen Hintergrund eines Dichtungsverständnisses, das in Allegorie und Symbol die wesentlichen ästhetischen Formen „wahrer Kunst“ und in deren Ausdeutung die zentrale Aufgabe der Literaturwissenschaft sah. „Entfremdung“ und „Verdinglichung“ waren in seinem Denken zentrale Leitbegriffe für die Diagnose der Moderne, darin von Adorno inspiriert, bei dem er noch vor 1933 in Frankfurt studiert hatte.“

Hartmut Eggert: Abriss der Geschichte der Germanistik an der Freien Universität Berlin. In: Religionswissenschaft, Judaistik, Islamwissenschaft und Neuere Philologien an der Freien Universität Berlin. Göttingen 2012, S. 107


„Antisemitisches zur Tarnung
Zum Artikel 'Das Erbe des großen Pan' über den Germanisten Professor Dr. Wilhelm Emrich (F.A.Z.-Feuilleton vom 13. August): Nach eingehender Durchsicht des Nachlasses meines Vaters, der am 24. August in Berlin beerdigt wurde, kann als gesichert gelten, daß er niemals dem Nationalsozialismus innerlich nahegestanden hat. Belegen läßt sich aus der Zeit als Lektor der Deutschen Bücherei und des Werbe- und Beratungsamtes für das Deutsche Schrifttum intrainstitutionelle Opposition durch Förderung nicht linientreuer, künstlerisch hochstehender Literatur und der Eigenständigkeit namhafter Verlage sowie von Angehörigen eines im Konzentrationslager inhaftierten politisch Verfolgten. Der zu Recht inkriminierte Aufsatz mit antisemitischem Gehalt war offenbar ein Positionspapier zur Tarnung dieser Aktivitäten einer Gruppe gleichgesinnter Lektoren und nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Die Ergebnisse weiterer Recherchen über die Hintergründe dieses Artikels werden folgen; sie sollen publiziert werden.
Professor Dr. med. Hinderk M. Emrich, Hannover“

Nachruf von Hinderik M. Emrich. FAZ vom 10.9.1998, S. 12

Künstlerisch verfremdetes Schwarz-Weiß-Detail der Hommage an Wilhelm Emrichs Kopf von Walter Höllerer (Oktober 1974); im farbigen Original abgedruckt in: Literaturwissenschaft und Geschichtsphilosophie. Festschrift für Wilhelm Emrich, hg. von Helmuth Arntzen. Berlin / New York 1975