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Matthias Friedwagner

Im Blick der Nachwelt

Aus dem Nachruf seines Nachfolgers Erhard Lommatzsch:

„Seine entscheidenden Verdienste liegen auf dem Gebiete der altfranzösischen und rumänischen Philologie. Wie in unserer Wissenschaft der Name Wendelin Foersters mit dem seines Lieblingsdichters Crestien de Troyes verbunden bleibt, so werden die Leser der abenteuerlichen Romane von Crestiens jüngerem Zeitgenossen Raoul de Houdenc immer dem Namen seines Herausgebers Matthias Friedwagner begegnen. Er hatte sich kein leichtes Thema gestellt. ‚Die undankbare Aufgabe einer kritischen Meraugis-Edition konnte Klügere eben nicht locken‘, bemerkte er einmal mit einem Anflug von Selbstironie. Die verwickelten Fragen der Verwandtschafts- und Wertverhältnisse innerhalb der handschriftlichen Überlieferung dieses Romans waren schwer, vielleicht gar nicht zu lösen. Die auf sorgsamen Überlegungen beruhenden Ergebnisse der Friedwagnerschen Untersuchung sind von hervorragenden Textkritikern, darunter Gaston Paris und Wendelin Foerster, lebhaft diskutiert, zum Teil bestritten worden. Doch hielt Friedwagner nach abermaliger objektiver Prüfung aller Faktoren an dem aufgestellten Stammbaum fest und hatte schließlich die Genugtuung, bei einem Kenner wie Hermann Suchier Zustimmung zu finden. Jene Betrachtungen über die Grundlagen, die für die Textgestaltung eines altfranzösischen Dichtwerks zu wählen sind, erscheinen heute noch lesenswert.“

Lommatzsch, Erhard: Zur Erinnerung an Matthias Friedwagner, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 61 (1941), S. 45-62, hier S. 50 

„Matthias Friedwagner ist zeit seines Lebens ein fleißiger und gewissenhafter Arbeiter gewesen. Die Weite und Mannigfaltigkeit seiner Interessen verrät das Verzeichnis seiner Schriften. Dem Schüler Adolf Mussafias musste es als selbstverständliche Pflicht erscheinen, in den verschiedensten Bezirken der romanischen Sprach- und Literaturwissenschaft mit den jeweiligen Ergebnissen der Forschung sich vertraut zu halten und diese auch durch eigene Beiträge zu mehren. So umspannte er auch in seinen akademischen Vorlesungen das Gebiet der Romania mit sicherem Blick. Ausgehend von der philologie du moyen âge und während vieler Jahre ihr in oft mühseliger Kleinarbeit zugewandt, schenkte er doch auch den Aufgaben der neueren Literaturgeschichte volle Aufmerksamkeit.“

Ebd., S. 49


Sein Czernowitzer Kollege Sextil Puşcariu:

„Friedwagner wirkte nicht so sehr durch seine eigenen – wenigen – Bücher, sondern vielmehr durch seine Vorlesungen und den Kontakt, den er zu den Studenten hielt. Um sie kümmerte er sich immer, veranstaltete mit ihnen Ausflüge, lauschte ihren Sorgen und beriet sie wie ein Vater. Ein Professor vom Format der alten Lehrer.“

zitiert nach Pascaniuc, Elena: Matthias Friedwagner (1861-1940). Förderer der rumänischen Kultur in Deutschland, in: Victoria Popovici, Wolfgang Dahmen, Johannes Kramer (Hg.): Gelebte Multikulturalität. Czernowitz und die Bukowina. Frankfurt am Main u.a. 2010, S. 107-120, hier S. 112


„Bis 1900 war das rumänische Sprachgebiet für Matthias Friedwagner wie für die meisten seiner zeitgenössischen romanistischen Kollegen eine terra lonhdana, von der man nichts wusste. Einmal in der Bukowina angekommen, kniete er sich im wahrsten Sinne des Wortes in das Studium der rumänischen Kultur und Sprache, und seit 1905 begannen Arbeiten zum Rumänischen aus seiner Feder zu erscheinen.“

Johannes Kramer: Die Romanisten an der Franz-Josephs-Universität Czernowitz, in: Victoria Popovici, Wolfgang Dahmen, Johannes Kramer (Hg.): Gelebte Multikulturalität. Czernowitz und die Bukowina. Frankfurt am Main u.a. 2010, S. 87-106, hier S. 99