Bettina Herold

Bettina Herold
Studium 2000-2012 (Romanistik, Philosophie)

Interview, Schnitt und Text: Leonardo Dalessandro

Vor allem materielle Gründe waren es, die Bettina Herold dazu bewogen, nach dem Abitur in Frankfurt mit dem Studium zu beginnen. So konnte sie weiterhin im Elternhaus wohnen. Romanistik und Philosophie waren Ihre Studienfächer. Obwohl sie als Lehrerkind aus einer Akademikerfamilie stammt, hätten ihre Eltern darin ein finanzielles Wagnis gesehen.

Bereits zu Beginn ihres Studiums engagierte sich Herold in der Hochschulpolitik. Schon damals sei ‚Langzeitstudent‘ ein abwertender Begriff gewesen, den sie für sich positiv besetzen wollte – ihr ganz persönlicher Plan fürs Studium. „Gute Bildung braucht Zeit und Raum“, sei eine der Parolen jener Zeit gewesen, die sie als Anspruch aufgefasst habe.

Mit dieser Haltung begleitete sie als Zeugin und Akteurin mehr als zehn Jahre lang die Entwicklung der Universität, die zum Teil von Konflikt und scharfem Protest geprägt war. Zu den herausragenden Ereignissen gehört die Einführung von allgemeinen Studiengebühren in Hessen 2006. An den Protesten, die sich hiergegen erhoben, war Bettina Herold aktiv beteiligt. Sie schildert im Interview ihre Sicht auf die Ereignisse, darunter die Erstürmung des studentischen Café KoZ durch die Polizei in jenem Sommer.

Neben dem Kampf gegen Studiengebühren und die sogenannten Bologna-Reformen war der 2001 erfolgte Umzug der Geisteswissenschaften von Bockenheim ins Westend ein zentrales Thema jener Jahre. Mit dem Einzug in das Gebäude der Konzernzentrale der IG Farben war der Umgang mit deren Verstrickung in die nationalsozialistischen Verbrechen Gegenstand kontroverser Debatten. Gestritten wurde über die offizielle Benennung des Hauses und um seine Adresse. Studierende forderten, sie von „Grüneburgplatz“ in „Norbert-Wollheim-Platz“ zu ändern, um den ehemaligen Zwangsarbeiter zu ehren, der als erster Klage gegen den Chemiekonzern eingereicht hatte. Als 2001 der neue Campus eingeweiht wurde, war Bettina Herold unter jenen Studierenden, die den offiziellen Festakt mit einer Protestaktion gegen das Universitätspräsidium und den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch störten.

Politisches Engagement entsprach ihrem Anspruch an ein selbstbestimmtes, interessegeleitetes Studium. Sie hat entscheidende Entwicklungen der Goethe-Universität als Akteurin mitgestaltet und bezeichnet sich selbst als „positive Langzeitstudentin“.