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Bodo Mergell

...eine steile Karriere bis zum Kriegsausbruch

Bodo Mergell und die Johann Wolfgang Goethe-Universität – es hätte die glanzvolle Karriere eines talentierten Forschers an einer ihm teuren Hochschule, in einer von ihm geliebten Stadt werden können. Mit dem Wintersemester 1930/31 begann er sein Studium der Germanistik, Romanistik und Klassischen Philologie an der Universität in Frankfurt; hier bestand Mergell 1936 das Staatsexamen für das Höhere Lehramt.

Der Weg zum außerplanmäßigen Assistenten

Mergell stach offenbar ziemlich rasch mit seinen Leistungen hervor und wurde daher am 27. Oktober 1934 auf Antrag der beiden Germanistik-Professoren als „studentischer Hilfs-Assistent“ eingestellt. Aus der Frankfurter Personalakte geht mehrmals hervor, der „cand. phil“ Bodo Mergell leiste Vorzügliches (vgl. UAF, Abt. 14-310). Mit der Urkunde vom 27. Juli 1936 wurde er – gerade 24 Jahre alt – zum Dr. phil. promoviert (mit der Note „sehr gut“).

Danach wurde aus der studentischen Hilfskraft ein „außerplanmäßiger Assistent“ mit einem Monatseinkommen von 214 Reichsmark (UAF, Abt. 134-310, S. 31: Arbeitsvertrag). Die nationalsozialistisch geführte Dozentenschaft der Universität, vertreten durch den Chemie-Professor Jander, stimmte der Einstellung Mergells mit Schreiben vom 20.8.1936 zu (vgl. Stuchlik 1984: 165). Er dürfte als 'rechte Hand' der beiden Professoren Julius Schwietering und Franz Schultz gewirkt haben, eingebunden in die Verwaltung des Germanischen Seminars und als Anlaufstation für Fragen der Studierenden.

Habilitation

Der Höhepunkt seiner weiteren wissenschaftlichen Karriere war die Habilitation im Herbst 1939. Nachdem sich seine Dissertation mit dem Thema „Wolfram von Eschenbach und seine französischen Quellen. Teil I: Wolframs Willehalm“ befasst hatte, wendet sich die Habilschrift als Teil II dem Thema „Wolframs Parzival“ zu. Die Fachkritik lobte die Arbeit. Nach der erfolgreichen Verteidigung der Habilschrift am 19. September 1939, tat Mergell den nächsten Schritt und strebte die Position eines Dozenten an.

Im Weltkrieg

Um diese Zeit, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, griff dann die übergeordnete Geschichte in Mergells persönliche Lebensumstände ein. Die tragische Entwicklung zu einer lebenslang gesundheitlich beeinträchtigten Forscherpersönlichkeit nahm ihren Lauf. Anstatt zügig und mit der zu erwartenden Selbstverständlichkeit seine Karriere an der Frankfurter Universität vorantreiben zu können – spätestens durch die 1936 übernommene „außerplanmäßige Assistentenstelle“ hatte Mergell einen Fuß in der akademischen Tür –, leistete er als Soldat der Deutschen Wehrmacht in Frankreich Dienst.

Dozentur für Deutsche Philologie

Zumindest konnte Mergell bei einem Heimaturlaub seine „Dozenturprobe“ in Frankfurt ablegen. Hans Hermann Glunz, Dekan der philosophischen Fakultät, schildert in einem Schreiben vom 4.3.1941 den Ablauf der Probe, die aus einer Vorlesung und einer praktischen Lehrveranstaltung mit Studierenden bestanden habe. Da Mergell allgemein bekannt sei und Ansehen genieße, sei man sich darin einig gewesen, die Probe auf insgesamt zwei Stunden Dauer zu beschränken. Thema der Vorlesung sei „Der Stand der Forschung über den Ackermann aus Böhmen“ gewesen (vgl.  UAF, Abt. 14-310 , Bl. 59). Für den NS-Dozentenbund befürwortete Professor Guthmann am 6.3.1941 Mergells Ernennung, die der „Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“ am 21.3.1941 vollzog. Mergell wurde „Dozent“ mit der „Lehrbefugnis für Deutsche Philologie“. Zurück in Frankreich, grüßte er am 22.5.1941 in einem Feldpostbrief seine Heimatuniversität, vor allem ihren Kurator August Wisser: ein herzliches, unpolitisches Schreiben (UAF, Abt. 14-310, Bl. 76).

Mergell kündigte für das Wintersemester 1944-45, gerade einmal im Juni 1944 aus dem Heeresdienst entlassen, die dreistündige Veranstaltung „Die deutsche Dichtung der salischen und staufischen Zeit“ an, ferner das zweistündige Proseminar „Einführung in das Mittelhochdeutsche“. Ob die Veranstaltungen zustande kamen, bleibt wegen der Kriegslage unklar.

Literatur

UAF (Universitätsarchiv Frankfurt), Abt. 14-310 (Personalakte Mergell)

Hammerstein, Notker: Die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main - Von der Stiftungsuniversität zur staatlichen Hochschule, Band I: 1914-1950. Neuwied / Frankfurt 1989

Hildebrand, Klaus: Universitäten im Dritten Reich - Eine historische Betrachtung, in: Kohnle, Armin / Engehausen, Frank (Hg.): Zwischen Wissenschaft und Politik – Studien zur deutschen Universitätsgeschichte. Stuttgart 2001, S. 194-202

Kißener, Michael / Mathy, Helmut: Ut omnes unum sint - Gründungspersönlichkeiten der Johannes Gutenberg-Universität, Teil I: Stuttgart 2005, Teil II: 2006

Stegbauer, Kathrin: Mergell, in: König, Christoph u.a. (Hg.): Internationales Germanisten-Lexikon 1800-1950, Berlin 2003, S. 1202-1203

Stuchlik, Gerda: Goethe im Braunhemd – Universität Frankfurt 1933-1945. Frankfurt am Main 1984