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Leo Löwenthal


Leo Löwenthal, geboren 1900 in Frankfurt am Main, wuchs als Sohn des jüdischen Arztes Victor Löwenthal und Rosie Löwenthal (geb. Bing) in einem laizistisch geprägten Elternhaus auf. Seine Schulzeit während des Ersten Weltkrieges endete 1918 mit dem Notabitur am Goethe-Gymnasium Frankfurt. Im Anschluss daran trat er den Kriegsdienst im Eisenbahnregiment Nr. 2 in Hanau an und verrichtete diesen bis Kriegsende. Neben seiner akademischen Laufbahn an der Universität der Stadt ging Löwenthal in Frankfurt verschiedenen Berufen nach. Von 1922 bis 1924 arbeitete er in einer Beratungsstelle für ostjüdische Flüchtlinge, im Anschluss war er von 1925 bis 1930 als Redakteur des "Gemeindeblatts der israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main" tätig. Nach dem bestandenen Staatsexamen ging er in den Jahren 1926 bis 1931 außerdem einer Lehrtätigkeit an Frankfurter Gymnasien nach. Zudem war er zwischen 1928 und 1933 Dozent an der Volkshochschule Frankfurt. 1993 starb Löwenthal in Berkeley, Kalifornien.

1918-1926
Studium der Mathematik, Philosophie, Soziologie, Volks- und Privatwirtschaftslehre, Geschichte und Literatur in Frankfurt am Main, Gießen und Heidelberg
1925Promotion in Frankfurt am Main über „Die Sozietätsphilosophie Franz von Baaders. Beispiel und Problem einer Soziologie“ bei Privatdozent Dr. Gottfried Salomon
1926Staatsexamen zur Erlangung der Lehrbefähigung im höheren Lehramt in Frankfurt am Main
1926-1949
Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung
1940-1956Lecturer in Sociology, Columbia University New York
1955-1956Fellow am Center for Advanced Studies in Behavioral Sciences in Stanford
1956-1968Professor of Speech and Sociology an der University of California (Berkeley)

Monographien

    • Die Sozietätsphilosophie Franz von Baaders: Beispiel und Problem einer religiösen Philosophie. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Frankfurt. Frankfurt am Main 1925
    • Literature and the Image of Man: Sociological Studies of the European Drama and Novel 1600 - 1900. Boston 1957
    • Literature, Popular Culture and Society. Englewood Cliffs 1961
    • Literatur und Gesellschaft: das Buch der Massenkultur. Neuwied 1964
    • Das Bild des Menschen in der Literatur. Neuwied 1966
    • Erzählkunst und Gesellschaft. Die Gesellschaftsproblematik in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts. Neuwied 1971
    • Notizen zur Literatursoziologie. Stuttgart 1975
    • Schriften in 5 Bänden. Bd. 1: Literatur und Massenkultur. Hg. von Helmut Dubiel. Frankfurt am Main 1980
    • Schriften in 5 Bänden. Bd. 2: Das bürgerliche Bewußtsein in der Literatur. Hg. von Helmut Dubiel. Frankfurt am Main 1981
    • Schriften in 5 Bänden. Bd. 3: Falsche Propheten. Studien zum Autoritarismus. Hg. von Helmut Dubiel. Frankfurt am Main 1982
    • Schriften in 5 Bänden. Bd. 4: Judaica, Vorträge, Briefe. Hg. von Helmut Dubiel. Frankfurt am Main 1984
    • Schriften in 5 Bänden. Bd. 5: Philosophische Frühschriften. Hg. von Helmut Dubiel. Frankfurt am Main 1987

      Mitherausgeberschaft

      • Education at Berkeley: report of the Select Committee on Education. “The Muscatine Report”. Ed. by University of California, Academic Senate, Selected Committee on Education. Berkeley 1968

      Aufsätze

      • Zur gesellschaftlichen Lage der Literatur. In: Zeitschrift für Sozialforschung 1 (1932), S. 85-102
      • Die Auffassung Dostojewskis im Vorkriegsdeutschland. In: Zeitschrift für Sozialforschung 2 (1934), S. 343-382
      • Knut Hamsun. Zur Vorgeschichte der autoritären Ideologie. In: Zeitschrift für Sozialforschung 6 (1937), S. 295-345
      • The sociology of literature. In: Communications of modern society: fifteen studies of the mass media. Ed. by Wilbur Schramm. Urbana 1948, S. 328-349

      Ein vollständiges Schriftenverzeichnis Löwenthals findet sich in: Das Utopische soll Funken schlagen… Zum hundertsten Geburtstag von Leo Löwenthal. Hg. von Peter-Erwin Jansen. Frankfurt am Main 2000.

      Leo Löwenthal hat nicht an der Universität Frankfurt gelehrt.

      Leo Löwenthal; Foto: Leo Löwenthal Archiv, Archivzentrum Universitätsbibliothek Frankfurt am Main. Für die Veröffentlichung des Fotos von Leo Löwenthal bedanken wir uns bei den Rechteinhabern Susanne Löwenthal und Peter-Erwin Jansen

      Leo Löwenthals Emigration: Ein Verlust für Frankfurt

      Bereits anhand seines Werdegangs in Frankfurt wird deutlich: Leo Löwenthal war ein vielseitig interessierter und begabter Mann. Sein Leben und vor allem sein weiterer Weg im Exil zeigen exemplarisch, was der Universität durch die Vertreibung der Nazis verloren ging: talentierte Wissenschaftler, die außerhalb Deutschlands bedeutende Forschung leisteten und internationale Bekanntheit erlangten. Löwenthal, der am Institut für Sozialforschung in einer intellektuelle Atmosphäre arbeitete, in der verschiedene Disziplinen wie die Philosophie, Psychoanalyse, Soziologie, aber auch die Literaturwissenschaft zur Geltung kamen, wurde zu einem der Begründer der Literatursoziologie. Mit ihm und Arnold Hirsch arbeiteten an der Universität Frankfurt in den späten 1920er Jahren gleich zwei Nachwuchswissenschaftler in diesem Bereich, deren weitere Karriere in Deutschland durch die nationalsozialistische Herrschaft beendet wurde.
       

      ...Studium in Deutschland

      Sein Studium beendete Löwenthal mit der Promotion (1925) und dem Staatsexamen (1926) zwar in Frankfurt, besucht hatte er seit dem Jahre 1918 allerdings aber verschiedene deutsche Universitäten. So studierte er im Sommersemester 1919 in Gießen und vom Sommersemester 1920 bis zum Sommersemester 1921 an der Universität Heidelberg. [Weiterlesen]
        

      ...der Umzug des Instituts für Sozialforschung

      Leo Löwenthal kam 1926 zunächst als Stipendiat an das Institut für Sozialforschung und intensivierte dort seine literatursoziologischen Forschungen. Als Max Horkheimer 1930 Direktor des Instituts wurde, wurde Löwenthal einer von zwei Hauptassistenten. Neben seinen akademischen Tätigkeiten war er fortan vor allem auch für organisatorische und strategische Planungen zuständig… [Weiterlesen]
       

      ...Verleihung und Verlust des Doktorgrades in Frankfurt

      Leo Löwenthal promovierte am 4.5.1925 an der Universität Frankfurt mit der Note "sehr gut". Doch knapp 15 Jahre später wird ihm der Doktorgrad wie vielen anderen jüdischen Wissenschaftlern wieder entzogen. [Weiterlesen]

       

       

      Im Blick der Nachwelt

      „Am 21. Januar 1993 ist er [Leo Löwenthal] in Berkeley (USA) gestorben. Dieses Datum markiert zugleich das Ende einer geistesgeschichtlichen Epoche. Denn mit Leo Löwenthal starb nicht nur das letzte Mitglied jenes Kreises um Max Horkheimer, der zusammen mit Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Erich Fromm, Friedrich Pollock, Franz Neumann und Otto Kirchheimer die Tradition kritischer Theorie begründet hat. Zusammen mit dem Philosophen Hans Jonas, der im gleichen Jahr verstarb, war er auch der letzte Repräsentant einer um die Jahrhundertwende geborenen Generation deutsch-jüdischer Intelligenz, die, 1933 aus Deutschland vertrieben, ihren aufklärenden und zivilisierenden Einfuß in der Bundesrepublik erst in den 60er Jahren ausüben konnte.“

      Helmut Dubiel in: Das Utopische soll Funken schlagen…
      Zum hundertsten Geburtstag von Leo Löwenthal.
      Hg. von Peter-Erwin Jansen. Frankfurt am Main 2000
       

      Essay

      Leo Löwenthals Literatursoziologie und ihre Anfänge in Frankfurt
      von Maren Emde

      Leo Löwenthals Name ist aus verschiedenen Kontexten bekannt: Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung, Mitbegründer der Kritischen Theorie, Redakteur der Zeitschrift für Sozialforschung, Professor an der University of California. Vor allem aber gilt er als einer der Begründer der Literatursoziologie. So bestand auch seine frühe Forschung in Frankfurt am Institut für Sozialforschung vor allem aus seinen literatursoziologischen Arbeiten. Doch was genau verstand Löwenthal unter Literatursoziologie und wie sahen die Anfänge seiner wissenschaftlichen Arbeit in Frankfurt aus? [Weiterlesen]
       

      Das Porträt von Leo Löwenthal wurde zusammengestellt von Maren Emde