Friedrich Ohly
- Studium und Promotion (1940) an der Universität Frankfurt am Main
- Von 1954 bis 1957 Privatdozent sowie außerplanmäßiger Professor am Institut für deutsche Philologie der Universität Frankfurt am Main
- Lehr- und Forschungsschwerpunkte: deutsche und lateinische Dichtung, theologische und naturkundliche Literatur des Mittelalters, mediävistische Bedeutungsforschung
- Schüler von Julius Schwietering und Max Kommerell
- War zeitgleich an der Universität Frankfurt mit Franz Schultz, Hennig Brinkmann, Hans Hermann Glunz, Josef Kunz, Erhard Lommatzsch und Bodo Mergell
Friedrich Ohly wurde am 10. Januar 1914 in Breidenbach (Hessen) geboren. Er genoss eine protestantische Erziehung. 1932 absolvierte er die Reifeprüfung am Frankfurter Lessing-Gymnasium. Während seines Studiums in Königsberg wurde er von August 1939 bis Januar 1941 zum Militärdienst eingezogen und war in Frankreich stationiert. Er kehrte verwundet zurück, war aber auch zum Leutnant befördert worden. Von 1944 bis 1953 befand er sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. In dieser Zeit verlor Ohly seine Ehefrau und eines seiner drei Kinder. Seine zweite Ehe ging er mit Dr. Marianne Ohly (geb. Steimer) ein. Am 2. Oktober 1953 kehrte er nach Frankfurt am Main zurück. Ohly starb am 5. April 1996 in Münster.
1932-1938 | Studium der deutschen und griechischen Philologie sowie Geschichte in Wien, Königsberg und Frankfurt am Main |
1939 | Staatsexamen in Frankfurt am Main: Lehramt an höheren Schulen |
1940 | Promotion bei Julius Schwietering (Frankfurt am Main): "Sage und Legende in der Kaiserchronik. Untersuchungen über Quellen und Aufbau der Dichtung" |
1940 - 1944 | Assistent von Julius Schwietering am Germanischen Seminar der Universität Berlin |
1940-1942 | Inhaber eines Dozentenstipendiums des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. |
1944 | Habilitation (Berlin): "St. Trudperter Hohelied". Grundzüge einer Geschichte der Hoheliedauslegung des Abendlandes bis um 1200 |
1953 | Als Spätheimkehrer aus der russischen Kriegsgefangenschaft bekam er eine Diätendozentur an der Universität Frankfurt am Main |
1954 | Privatdozent der Deutschen Philologie an der Universität Frankfurt am Main |
1954 - 1957 | Außerplanmäßiger Professor am Institut für deutsche Philologie der Universität Frankfurt am Main |
1956 | Gastprofessor am theologischen Institut der University of Chicago (Devinity School) |
1957-1958 | Professor für Deutsche Philologie an der Universität Mainz |
1958 - 1963/64 | Professor für Deutsche Philologie an der Universität Kiel |
1964 - 1982 | Professor für Deutsche Philologie an der Universität Münster |
Monographien und Sammelbände
- Sage und Legende in der Kaiserchronik. Untersuchungen über Quellen und Aufbau der Dichtung. Frankfurt am Main 1938
- Untersuchungen zur Geschichte der abendländischen Auslegung des Hohen Liedes bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Berlin 1944
- Der Verfluchte und der Erwählte. Vom Leben mit der Schuld. Opladen 1976
- Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsforschung. Darmstadt 1977
- Gesetz und Evangelium. Zur Typologie bei Luther und Lucas Cranach. Zum Blutstrahl der Gnade in der Kunst. Münster 1985
- Süße Nägel der Passion. Ein Beitrag zu theologischen Semantik. Baden-Baden 1989
- Metaphern für die Sündenstufen und die Gegenwirkungen der Gnade. Opladen 1990
- Ausgewählte und neue Schriften zur Literaturgeschichte und zur Bedeutungsforschung. Uwe Ruberg, Dietmar Peil (Hg.). Stuttgart, Leipzig 1995
- Zur Signaturenlehre der frühen Neuzeit. Bemerkungen zur mittelalterlichen Vorgeschichte und zur Eigenart einer epochalen Denkform in Wissenschaft, Literatur und Kunst. Uwe Ruberg, Dietmar Peil (Hg.). Stuttgart, Leipzig 1999
Aufsätze
- Vom geistigen Sinn des Wortes im Mittelalter. In: Zeitschrift für deutsches Altertum 89 (1958/59), S. 1-22
- Diamant und Bocksblut. Zur Traditions- und Auslegungsgeschichte eines Naturvorgangs von der Antike bis in die Moderne. In: Wolfram-Studien 3 (1972), S. 72-188
- Glück eines Gefangenen mit Puschkin und mit Steinen [Zu seiner Begegnung mit russischer Literatur während der Kriegsgefangenschaft und zu seiner Übersetzungsarbeit an Gedichten von Puschkin und Lermontow]. In: Zeitschrift für Kulturaustausch 37 (1937), S. 87–92
SoSe 1954 | Deutsche Legendendichtung des Mittelalters Proseminar Einführung in das Gotische |
WiSe 1954/55 | Der frühe deutsche Minnesang Übung (für Fortgeschrittene): Das St. Trudperter Hohelied |
SoSe 1955
| Historische Grammatik des Mittelhochdeutschen Übung zur mittelalterlichen Wortbedeutungskunde |
WiSe 1955/56
| Epische Bibeldichtung Proseminar Althochdeutsch |
SoSe 1956
| Hartmann von Aue und Wolfram von Eschenbach Mittelstufe Das Rolandslied |
WiSe 1956/57
| Die deutsche Dichtung des 12. Jahrhunderts Mittelstufe Priester Wernhers Mariendichtung |
SoSe 1957 | Die deutsche Dichtung des 12. Jahrhunderts Einführung ins Gotische |
Quelle: Vorlesungsverzeichnisse der Universität Frankfurt am Main
Friedrich Ohly; verfremdeter Aufriss von: Ausgewählte und neue Schriften zur Literaturgeschichte und zur Bedeutungsforschung, hg. von Uwe Ruberg und Dietmar Peil, Stuttgart / Leipzig 1995
Friedrich Ohly: Gewissenhafter Philologe mit protestantischem Ethos
Friedrich Ohlys Professor für deutsche Sprache und Literatur in Königsberg war Paul Hankammer. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde diesem vorgeworfen, dass seine literaturgeschichtlichen Veranstaltungen mehr katholisch als deutsch ausgerichtet seien. Ohly war zu dieser Zeit, im Alter von 22 Jahren, studentischer Senior des Deutschen Seminars und suchte aufgrund der Vorwürfe gegen Hankamer das Gespräch mit dem Führer des NS-Studentenbundes. Die Angriffe auf Hankamer wurden immer aggressiver, bis er schließlich am 13. Dezember 1936 von NS-Studenten brutal aus der Vorlesung gezerrt wurde. Daraufhin verschärft Ohly seine Maßnahmen gegen den Nationalsozialistischen Studentenbund und organisierte eine öffentliche Unterschriftenaktion. Aus diesem Grund verlor er seine Position als Senior. Geschadet hat das seiner akademischen Karriere nicht. Ganz im Gegenteil: Seine protestantisch-standhafte Haltung verschaffte ihm nach dem Zweiten Weltkrieg einen großen Vertrauensvorschuss.
...ein "gelassener Philologe"
Als Friedrich Ohly das Geleitwort für seine "Ausgewählten und neuen Schriften zur Literaturgeschichte und zur Bedeutungsforschung" schrieb, fand er die richtigen Worte, die die Eigenschaft seiner Person auch im Wandel der Zeit sehr genau trafen: "Dieses Buch bietet Gelegenheit, mir als einem gelassenen Philologen zu begegnen, der in Zeiten unruhiger Wandlungen in Beziehungen methodischer und theoretischer Positionen stets der gleiche blieb, keine Anhalte bot, zunfthistorische Wetterstände an seinem Treiben abzulesen." [Weiterlesen]
...die außerplanmäßige Professur
Im Sommersemester 1954 wurde Friedrich Ohly als Privatdozent an der Goethe Universität angestellt und bereits im Wintersemester 1954/55 als außerplanmäßiger Professor geführt. Wie kam es zu diesem schnellen Aufstieg? [Weiterlesen]
...und sein Doktorvater Julius Schwietering
Die Verbindung zwischen Friedrich Ohly und Julius Schwietering begann schon während Ohlys Studienzeit in Frankfurt. Schwietering war für Ohly nicht nur ein Lehrer, sondern auch ein Gleichgesinnter. Davon abgesehen, dass sie beide Pfarrerssöhne waren, vertraten sie dasselbe Forscherethos: "Das Ethos des Philologen verpflichtet zur Bewahrung eines unbeschädigt über die Zeit zu bringenden Gedächtnisses als eines Vermächtnisses an Gegenwart und Zukunft". Friedrich Ohly schreibt in seinem Nachruf über Schwietering: "Unerbittlich und entschieden stand er für erkannte Wahrheit, für die Wahrung bester Forschertradition und ihres Ethos." Seine Werke hätten "den angesehenen, kritischen Charakter, was ihm nicht zuletzt das Ausland dankte". [Weiterlesen]
Im Blick der Nachwelt
"Seinen Tod betrauern seine Schüler, die ihm in großer Zahl enger verbunden waren, als es an der Universität zwischen Lehrenden und Lernenden geläufig ist, betrauern alle, die den großen Gelehrten, den noblen Kollegen, den schweigend verstehenden, großherzigen und makellos treuen Menschen erlebt haben." [Weiterlesen]
Essay
Friedrich Ohly an der University of Chicago
von Juliane Schmidt
An der Johann Wolfgang Goethe-Universität lehrte Friedrich Ohly am Institut für Neuere Philologien. Er wurde im Jahr 1954 durch einen Sonderbeschluss des hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung aufgrund eines positiven Gutachtens zum außerplanmäßigen Professor der Goethe-Universität ernannt, nachdem bereits 1953 eigens für ihn eine Diätendozentur geschaffen worden war. Diese sollte ihm nach seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft eine solide wirtschaftliche Basis geben. Doch das Geld reichte nicht aus. [Weiterlesen]
Das Porträt von Friedrich Ohly wurde zusammengestellt von Juliane Schmidt