Logo Frankfurter Literaturwissenschaftler 1914-1945

Max Kommerell


Max Kommerell wurde am 25. Februar 1902 in Münsingen in Württemberg geboren. Seine Eltern waren Eugen Kommerell (1854-1936, Oberamtsarzt) und Julie Kommerell (geb. Kleinmann). Max Kommerell war das jüngste von sechs Geschwistern, besuchte von 1908 bis 1912 die Lateinschule in Waiblingen und danach das Gymnasium in Cannstatt, wo er 1919 sein Abitur ablegte. 1931 heiratete er seine erste Frau Eva (geb. Otto) und im Jahr 1938 seine zweite Frau Erika (geb. Franck). Max Kommerell stand erst der Schulreformbewegung nahe und gehörte von 1921 bis 1930 zum engsten George-Kreis. 1939 trat er der NSDAP bei. Im Alter von 42 Jahren verstarb Kommerell am 25. Juli 1944 in Marburg.

1919-1924Studium der Deutschen Philologie, Geschichte, Philosophie, Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Romanischen Philologie in Tübingen, Heidelberg und Marburg
1924Promotion an der Universität Marburg bei Ernst Elster. Dissertation: "Jean Pauls Verhältnis zu Rousseau. Nach den Haupt-Romanen vorgestellt"
1930Habilitation an der Universität Frankfurt am Main bei Hans Naumann (gefördert und eigentlich betreut wurde die Arbeit von Andreas Heusler, Basel). Habilschrift (ungedruckt): "Die Stabkunst des deutschen Heldenliedes"
1931-1938Privatdozent für Germanische Philologie an der Universität Frankfurt am Main
1933Amt des Dozentenführers, welches er 1934 verlor, da er sich für den abgesetzten Universitätskurator Kurt Riezler einsetzte
SoSe 1934Vertretung des Lehrstuhls für Deutsche Literaturgeschichte. Vertritt Oskar Walzel an der Universität Bonn
SoSe 1938Vertretung des Lehrstuhls für Neuere deutsche Philologie. Vertritt Ernst Bertram an der Universität Köln
1938-1939Nichtbeamteter außerordentlicher Professor für Germanische Philologie an der Universität Frankfurt am Main
1939-1941Außerplanmäßiger außerordentlicher Professor für Germanische Philologie in Frankfurt
1941-1944Direktor des Germanischen Seminars / Ordinarius der Deutschen Philologie an der Universität Marburg
SoSe 1944beurlaubt, angekündigte Vorlesungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gehalten

Monographien

  • Jean Pauls Verhältnis zu Rousseau. Nach den Haupt-Romanen dargestellt (Diss., Univ. Marburg, 1924), Marburg an der Lahn 1925
  • Der Dichter als Führer in der deutschen Klassik. Klopstock. Herder. Goethe. Schiller. Jean Paul. Hölderlin, Berlin 1928
  • Die Stabkunst des deutschen Heldenliedes [Habilschrift bei Hans Naumann, ungedruckt; gefördert und eigentlich betreut wurde die Arbeit von Andreas Heusler, Basel]
  • Jean Paul, Frankfurt am Main 1933
  • Das Volkslied und das Deutsche Lied, Frankfurt am Main 1936
  • Lessing und Aristoteles. Untersuchung über die Theorie der Tragödie, Frankfurt am Main 1940
  • Geist und Buchstabe der Dichtung. Goethe [- ab der 2. Aufl.: Schiller] - Kleist - Hölderlin, Frankfurt am Main 1940
  • Gedanken über Gedichte, Frankfurt am Main 1943
  • Beiträge zu einem deutschen Calderon. 2 Bände, Frankfurt am Main 1946
    - 1. Band: Etwas über die Kunst Calderons
    - 2. Band: Das Leben ist Traum. - Die Tochter der Luft
  • Dichterische Welterfahrung. Essays, hg. von Hans-Georg Gadamer, Frankfurt am Main 1952

Prosa, Lyrik und Dramen

  • Gespräche aus der Zeit der deutschen Wiedergeburt [Gedichte], in: Blätter für die Kunst, Berlin 1929
  • Leichte Lieder [Gedichte], Frankfurt am Main 1931
  • Das letzte Lied [Gedichte], Frankfurt am Main 1933
  • Dichterisches Tagebuch [Gedichte], Frankfurt am Main 1935
  • Das kaiserliche Blut. Ein Drama im barocken Stil, Frankfurt am Main 1938
  • Mein Anteil. Gedichte, Berlin 1938
  • Terzinen an die Nacht. Ein Marionettenspiel, in: Die Neue Rundschau 50. Jg., 1939, H. 11, S. 374-384
  • Der Lampenschirm aus den drei Taschentüchern. Eine Erzählung von gestern, Berlin 1941
  • Die Lebenszeiten [Gedichte], Berlin 1941
  • Mit gleichsam chinesischem Pinsel [Gedichtband], 2. Aufl., Frankfurt am Main 1946 (1944 Aufl. vernichtet)
  • Die rote Hand [1. Szene], in: Karussell 1946, Literarische Monatsschrift, S. 51-57
  • Hieronima [Erzählung], in: Karussell. Literarische Monatsschrift 2 1947, H. 16, S. 2-19
  • Die Gefangenen. Trauerspiel in 5 Akten, Frankfurt am Main 1948
  • Kasperle-Spiele für große Leute. Mit Illustrationen von Robert Pudlich und einem Nachwort von Arthur Henkel, Krefeld 1948

Übersetzungen

  • Michelangelo. Dichtungen. Deutsch von Max Kommerell, Frankfurt am Main 1931
  • Übertragungen aus Calderon, in: Die Neue Rundschau 47 1936, H. 5, S. 449-4463
  • Neue Calderon-Übertragungen, aus: Tochter in der Luft, in: Die Neue Rundschau 48 1937, H. 3, S. 309-328
  • Übertragungen aus der Elektra des Sophokles, in: Werke und Tage. Festschrift für Rudolf Alexander Schröder zum 60. Geburtstage am 26. Januar 1938, Berlin u. Hamburg 1938, S. 88-91
  • Calderón: Beschreibung der Semiramis. La Hija del aire, II. 1. Übersetzung von Max Kommerell, in: Romanische Forschungen 53 1939, H. 1, S. 42-46
  • Calderón-Übertragungen aus: La Hija del aire, in: Romanische Forschungen 55 1941, H. 1, S. 105-112
  • Übertragungen aus Calderón. Das Leben ist Traum 2. Akt. 3.-10. Szene, in: Romanische Forschungen 56 1942, H. 1/2, S. 33-48

Aufsätze und Reden

  • Hugo von Hofmannsthal. Eine Rede (Öffentliche Antrittsrede, gehalten am 1.11.1930 an der Universität Frankfurt am Main), Frankfurt am Main 1930
  • Jugend ohne Goethe (Vortrag, gehalten in Frankfurt am Main, Januar 1931), Franfurt am Main 1931
  • Schiller als Gestalter des handelden Menschen (Gedenkrede, gehalten an der Univ. Bonn, 09.11.1934), Frankfurt am Main 1934
  • Grillparzer. Ein Dichter der Treue, in: Die Neue Rundschau, 47. Jg., 1936, H. 4, S. 362-371
  • Jean Paul in Weimar, in: Das Innere Reich 3, 1936, 1. Halbjahr, S. 47-65
  • Goethes indische Balladen, in: Goethekalender auf das Jahr 1937, Leipzig, S. 158-185
  • Die Sprache und das Unaussprechliche. Eine Betrachtung über Heinrich von Kleist, in: Das Innere Reich 1937, Bd. 4, 1. Halbjahr, S. 654-697
  • Dame Dichterin, in: Corona 8.Jg., 1938, H. 5, S. 488-510
  • Humoristische Personifikation im 'Don Quijote', in: NR 49, 1938, H. 3 S. 209-232
  • Der Vers im Drama, in: Blätter des Hessischen Landestheaters in Darmstadt, Spielzeit 1939/40, Nr.9, S. 85-96
  • Die letzte Szene der Faustdichtung. Ein Interpretationsversuch, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur, 1940, Bd. 77, H. 2-3, S. 175-188
  • Betrachtung über die Commedia dell'arte, in: Blätter der Städtischen Bühne, Frankfurt am Main 8 1941, S. 26-36
  • Das Problem der Aktualität in Hölderlins Dichtung, in: Geist der Zeit, Wesen und Gestalt der Völker, Organ des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, 19.Jg., 1941, H. 10, S. 570-580
  • Novalis: Hymnen an die Nacht, in: Gedicht und Gedanke, hg. von H.O. Burger, Halle 1942, S. 202-236
  • "Nachlese der Gedichte" [1934], in: Die Neue Rundschau 1954, S. 568-573

Eine "synoptische Bibliographie der veröffentlichten Werke von Max Kommerell auf der Grundlage des Erreichbaren Ende 1966 zusammengestellt von Peter Alquist" findet sich in: Kommerell, Max: Briefe und Aufzeichnungen 1919-1944, aus dem Nachlaß hg. von Inge Jens, Freiburg im Breisgau 1967, S. 470-491.

SoSe 1931

 

Geschichte des deutschen Verses
Goethes Dramen außer Faust
Übungen zu Heinrich von Kleist

WiSe 1931/32

 

Heinrich von Kleist
Grillparzer, Stifter, Hofmannsthal
Interpretations- und Stilübungen zu Goethes Altersdichtung

SoSe 1932


 

Goethes Leben als Selbstgestaltung
Romantische Triebkräfte
Humor in deutscher Dichtung
Übung zu Schiller und die romantische Kunstlehre

WiSe 1932/33

 

 

Hoch- und Spätromantik
Nietzsche und das deutsche Erbe
Nietzsche und der Humanismus (zus. mit Reinhardt)
Übungen für Fortgeschrittene zu Kirche und Staat in der Romantik

SoSe 1933

Nietzsche und George (Vorlesung)
Übungen über die Gebrüder Grimm
WiSe 1933/34


Typen der dramatischen Dichtung (Weltliteratur)
Übung zur Romantische Lyrik und Volklied
Colloquium über “Typen der dramatischen Dichtung"

SoSe 1934



 

Der große Roman von Grimmelshausen bis Stifter
Goethes Dichtung
Deutscher Geist und Antike (in Zusammenarbeit mit Otto)
Übungen zur Wertfrage
Colloquium: “Wonach werte ich?”

WiSe 1934/35


Brentano, Eichendorff, E.T.A. Hoffmann
Die großen Romane des deutschen Schrifttums
Übungen über Goethe als Kritiker

SoSe 1935


 

Nietzsches Zarathustra
Drama und Roman im Barock
Colloquium über den deutschen Vers
Übungen zu Schillers dramatischen Fragmenten
WiSe 1935/36


Heinrich von Kleist
Märchen und Märchendichtung
Übungen über Cl. Brentano
SoSe 1936


Clemens Brentano
Lyrik des 18. und 19. Jahrhunderts
Übungen zu Shakespeare und das deutsche Drama
WiSe 1936/37



Geschichte des deutschen Romans
Erklärung von Faust 2. Teil
Das Wunderhorn
Übung: Qualitätsfrage innerhalb der Lyrik
SoSe 1937



Geschichte des Dramas in Deutschland
Hans Sachs
E.T.A. Hoffmann
Übung zur Novelle
WiSe 1937/38



Das 18. Jahrhundert
Hölderlin
Colloquium über Versgeschichte
Übung: Die Ballade als Gattung
SoSe 1938



Geschichte der Barockbühne u. des Barockdramas
Kleist
Hölderlins Elegien und Hymnen
Metrische Analyse der althochdeutschen Stabdichtung
WiSe 1938/39



Bühne und Drama im Barock
Metrische Analyse der althochdeutschen Stabdichtung
Hölderlins Elegien und Hymnen
Übungen zu Goethes Wanderjahren
SoSe 1939


Bühne und Drama im Barock
Hölderlins Elegien und Hymnen
Übungen über Goethes Wanderjahre
WiSe 1939/40


Schiller, Kleist, Grillparzer
Die lustige Person im Drama
Übungen zur Volksballade (in Zusammenarbeit mit Hartner)

Trimester 1 1940

 

 

Schiller, Kleist, Grillparzer
Die lustige Person im Drama
Proseminar: Lessings Hamburgische Dramaturgie

Trimester 2 1940

 

 

Große deutsche Romane
Wien und Paris als Theaterstädte
Proseminar: Grimmelshausen Simplizissmus

Trimester 3 1940

 

 

Deutsche Lyrik
Von der Wanderbühne zum stehenden Theater
Proseminar: Volksmärchen und Kunstmärchen in der Romantik

Trimester 1 1941

 

 

Lyrik im 19. Jahrhundert (Fortsetzung)
Anfänge der stehenden Bühne (Fortsetzung)
Proseminar: Das bürgerliche Drama
SoSe/WiSe 1941

Kommerell wird im Verzeichnis als Außerplanmäßiger Professor aufgeführt
(Wechsel nach Marburg)


Quelle:
Vorlesungsverzeichnisse der Universität Frankfurt am Main.

Max Kommerell; Bild: Mit freundlicher Genehmigung des "Museum für Literatur am Oberrhein, Karlsruhe"

"Todfeind der Fachgenossen" mit dichterischer Begabung

Kurz vor seinem Tod schrieb Max Kommerell in einem Brief vom 7. Juli 1944 an den Theologen Rudolf Bultmann, seine Fachgenossen sähen in ihm mit völligem Recht ihren natürlichen Todfeind. Schon in frühen Jahren wandte er sich gegen den Schulbetrieb und stattdessen der Jugendbewegung zu, für deren Erziehungskonzepte er sich engagierte. Nach dem Wechsel an die Universität Heidelberg und durch die Bekanntschaft mit Stefan George verwarf er den Plan, Lehrer zu werden, da er den Beruf des Schulmeisters als Unterdrückung seiner Produktivität anzusehen begann. Insgesamt neun Jahre (1921-1930) war Kommerell Mitglied des engsten George-Kreises und wurde sogar zu Georges 'Lieblingsjünger'. Die Ansichten des ‚Meisters‘ George wirkten sich auf seine frühen Schriften aus und prägten ihn nachhaltig. Kommerell war – im Alter von 28 Jahren – einer der wenigen, die sich komplett vom Kreis trennten und sich somit von der jüngerhaften Unterordnung befreiten, die er zunehmend als Hemmung seines Potentials und Einschränkung seiner Interessen empfand. Gleichzeitig mit der Trennung von Stefan George im Jahr 1930 wurde Kommerell an der Universität Frankfurt am Main habilitierte sich, wo er in der Zeit von 1931 bis 1941 lehrte. In Frankfurt konnte er sich Dichtern widmen, die ihm während der George-Zeit verboten waren (z.B. Hugo v. Hofmannsthal) und sich der Weltliteratur zuwenden. Während eines Vertretungssemesters in Bonn lernte er den Romanisten Ernst Robert Curtius kennen, mit dem ihn sein Interesse für Calderón verband, dessen Dramen er übersetzte. Max Kommerell schrieb nicht nur wissenschaftliche Texte und Übersetzungen, sondern veröffentlichte im Laufe seines Lebens zahlreiche Gedichte, ein Drama, Kasperle-Spiele und eine Erzählung, die von seinem Sprachgefühl und seiner Begabung als Dichter zeugen. Diese wirkte sich auch auf seine unkonventionelle wissenschaftliche Arbeit aus, durch die er sich von seinen Fachgenossen distanzierte.
 

...Vom 'Puck' zur 'Kröte': Der Bruch mit Stefan George

Als Max Kommerell Anfang der 1920er Jahre in den George-Kreis aufgenommen wurde, handelte es sich bei dieser elitären Vereinigung um einen hierarchischen Verbund aus ‚Jüngern‘, die ihrem ‚Meister‘ Stefan George unterstanden. Während Kommerell noch im Mai 1920 an seine Schwester Jul Strebel über die Option, dem Kreis beizutreten, schrieb: „Nun bin ich keineswegs soweit, und ich müßte auf mir sehr liebe und werte Dinge verzichten“, setzte er sich ab dem folgenden Jahr einer neunjährigen Unterwerfung aus. Sein Lebenslauf zeigt, dass er im Allgemeinen eine Vorliebe für Lesekreise hegte und nach Lehrerfiguren und Vorbildern suchte. Im George-Kreis lernte Kommerell seinen langjährigen Freund Johann Anton, Friedrich Gundolf und die Brüder Claus, Alexander und Berthold von Stauffenberg kennen, gleichzeitig distanzierte er sich von alten Freunden und wandte sich wieder von der Reformschulbewegung ab; Vorgänge innerhalb des Kreises mussten geheim gehalten werden. [Weiterlesen]
 

...Die Weltliteratur: 'Fremdheit als Heimat' in chaotischen Zeiten

Nach dem Bruch mit George und dem Wechsel nach Frankfurt, begann Max Kommerells Beschäftigung mit der Weltliteratur. Dabei stand er in Briefwechsel mit den Romanisten Werner Krauss (Marburg), Fritz Schalk (Köln) und Ernst Robert Curtius, den er während eines Vertretungssemesters in Bonn kennen gelernt hatte. Gleichzeitig wandte er sich damit von einer NS-Germanistik ab, die deutsche Werke vornehmlich in einem nationalen Rahmen deutete und so schrieb er 1942 an Karl-Gustav Gerold: „Überhaupt sinke ich immer meinem Kebsweib, der Romanistik, in die Arme, meine Legitime redet zu viel von sich.” Diese ‚Liaison‘ wirkte sich erheblich auf die Auswahl der Themengebiete aus. [Weiterlesen]
  

...Der Literaturwissenschaftler als Schriftsteller

Max Kommerell hat neben seiner Tätigkeit als Lehrender und seinen wissenschaftlischen Publikationen auch zahlreiche Gedichte, Dramen, Umdichtungen, Novellen und Kasperle-Spiele geschrieben. In dem folgenden Zeitstrahl sind seine belletristischen Veröffentlichungen zusammengetragen. Er zeigt anschaulich, wie vielseitig Kommerell auch als Literat war. [Weiterlesen]

 

 

Im Blick der Nachwelt

Max Kommerell zählt sicherlich zu den bemerkenswertesten Germanisten seiner Zeit und ist der bedeutendste Literaturwissenschaftler, der aus dem George-Kreis hervorging. Neben seinen literaturwissenschaftlichen Werken veröffentlichte er auch zahlreiche Gedichte, schrieb dramatische Werke und Übersetzungen. Kommerell faszinierte viele seiner Zeitgenossen durch seine unkonventionelle Denkweise, seine Studenten schätzten wohl seine unprofessorale und humorvolle Art. Außerdem stand er in freundschaftlichem Verhältnis zu vielen berühmten Wissenschaftlern seiner Epoche (Ernst Robert Curtius, Martin Heidegger, Heinrich Zimmer, Carl Orff und Karl Reinhardt). Trotzdem und obwohl seine Texte sich durch eine außergewöhnliche Sprachgewandtheit auszeichnen, werden sein Leben und Werk verhältnismäßig wenig rezipiert – die erste umfassende Biografie erschien erst im Jahr 2011 (Christian Weber: Max Kommerell: Eine intellektuelle Biographie). Dass Kommerell in der Wissenschaftsgeschichte weniger Beachtung genießt als sein Lebenslauf vermuten lässt, mag zum Einen mit seinem frühen Tod zusammenhängen (er starb im Alter von 42 Jahren), zum Anderen mit seiner Außenseiter- und Sonderlingposition in seinem Fach. Ein Weiteres sind die politischen Umstände seiner Zeit, zu denen er sich kaum äußerte. Diese Zurückhaltung gegenüber dem Nationalsozialismus, mit dem er sogar zwischen 1930 und 1933 sympathisierte, wurde ihm oft – besonders im Zuge der 68er-Bewegung – vorgeworfen.
Die Aussagen von Freunden und Zeitgenossen sowie von Wissenschaftlern, die sich intensiv mit dem Phänomen Kommerell auseinander gesetzt haben, können jedoch die Wirkung der schillernden Figur Max Kommerell am eindringlichsten zeigen. [Zu den Zitaten]

Essay

Die Wiedergabe der 'Tonart': Zu Max Kommerells Calderón-Übertragungen

von Viola Grossbach

Am 26. März 1938 schreibt Max Kommerell in einem Brief an Rudolf Alexander Schröder über die Eigenschaft einer gelungenen Übersetzung: „Man kann eben nicht einfach übersetzen, sondern muß den Stil creieren, als Tonart des Ganzen […] um das einzelne in so gesteigerter Weise sagen zu können“ (BA, 340). Der folgende Essay ist der Versuch, Kommerells Idee der 'Tonart' mit seinen Calderón-Übersetzungen in Einklang zu bringen. Eine eindeutige Definition des Begriffs ist in seinen Schriften nicht auffindbar, vielmehr sieht man sich einer großen Zahl sich aufeinander beziehender Begrifflichkeiten (z.B.: 'Gebärde', 'Seele', 'Stimmung', 'Zeichen') ausgesetzt, die eher symbolisch als bezeichnend verwendet werden. [Weiterlesen]

 

 

Das Porträt von Max Kommerell wurde zusammengestellt von Viola Grossbach, Christina Lena Koch und Leona Winkler