Prof. Dr. Wilhelm Lutz

von Philipp Duzak

Prof. Dr. Wilhelm Lutz wurde am 22.07.1931 als Sohn des Oberlehrers Erich Lutz und seiner Ehefrau Aloisia, geb. Müller, in Adorf im Vogtland geboren. Als ältester von vier Geschwistern besuchte er zunächst von 1938 bis 1942 die Volksschule in Adorf. Anschließend ging er von 1942 bis 1945 auf die Fürstenschule St. Afra in Meißen. Auf Grund der Zustände zu Ende des Krieges, besuchte er 1946 nur vorübergehend die Volksschule in Alerheim im Ries. Daraufhin folgte ab April 1946 der Besuch des humanistischen Gymnasiums in Windsbach in Mittelfranken. Dort erlangte er im Sommer 1951 die allgemeine Hochschulreife. Direkt danach begann im Herbst das Studium der Geographie, Germanistik und Geschichte auf Lehramt, zunächst in Erlangen. Zum Wintersemester 1952/1953 wechselte Lutz an die Universität in Tübingen und im Wintersemester 1953/1954 erfüllte er sich seinen Auslandswunsch mit dem Wechsel an die Universität in Innsbruck, Österreich.

Im Sommer 1955 wurde ihm in Innsbruck von Prof. Dr. H. Kinzl eine Promotion angeboten. Die Arbeit trug den Namen: „Gröden: Landschaft, Siedlung u. Wirtschaft e. Dolomitenhochtales“. Bis Ende 1957 verbrachte Lutz Zeit mit der Geländearbeit in Südtirol, speziell in Gröden. Anschließend nahm die Auswertung, Interpretation und Niederschrift noch bis zum Wintersemester 1962/1963 Zeit in Anspruch. Mit Abschluss seines Rigorosums 1963 promovierte Lutz zum Dr. phil. an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck.

Am 02.05.1963 trat er an der Goethe-Universität in Frankfurt eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent im wirtschaftsgeographischen Seminar an. Auf Anraten seines damaligen Chefs flog er 1966 für einen zwölfmonatigen Forschungsaufenthalt nach Neuseeland. Auf insgesamt fünf Forschungsreisen entwickelte Herr Lutz sich zu einem Experten über Siedlungs-und Wirtschaftsräume des Landes und ist Autor vieler Beiträge über Neuseeland. 1972 wurde Lutz zum Professor ernannt.

Als Mitglied in der Frankfurter Geographischen Gesellschaft (FGG) und im Verband Deutscher Schulgeographen, zeichnete er sich mehrfach als exzellenter Exkursionsführer im In- und Ausland aus. So führte er 1991, 1997, 1998 und 2000 auch Exkursionen nach Neuseeland. 2001 resultierte sein Engagement in der Ernennung zum Ehrenvorsitzenden der FGG.

Nach seiner Emeritierung ist Wilhelm Lutz dem Rhein-Main-Gebiet treu geblieben. Er wohnt in Eschborn, unweit von Frankfurt. Er ist immer noch viel auf Reisen und mit der Auswertung von Material aus seinen Forschungsreisen beschäftigt.

 

Quellen

  • Fick, K. E. (2001): Neuseeland im Spiegel der Beobachtungen und Forschungen des Geographen Wilhelm Lutz. - In: Stein, N. & J. Ries: Mensch und Raum. Selbstverlag, Frankfurt am Main, 11 - 37.
  • Lutz, W. (2014): Persönliche Mitteilungen.

Als ältester von vier Geschwistern war es Mitte des 20. Jahrhunderts nicht selbstverständlich studieren zu gehen. Trotzdem schaffte es Prof. Dr. Wilhelm Lutz auf verschiedenen Wegen sein Studium zu finanzieren. In erster Linie erfuhr er Unterstützung durch seinen Vater und seinen Großvater. Zwischen den Semestern arbeitete Herr Lutz im Ruhrgebiet als Werkstudent. Später half ihm das Honeffer Modell, welches man sich heute als Vorgänger des aktuellen BAföG vorstellen kann. Während seiner Dissertation erhielt er ein Stipendium vom DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), zu dem arbeitete er als Werkstudent am Statistischen Landesamt in Innsbruck, welches man damals in der Kaiserlichen Hofburg fand.

Während seiner Zeit in Österreich beschäftigte sich Herr Lutz mit diversen Themen. Eine Besonderheit der Innsbrucker Geographie war die Verwendung von Kirchenbüchern als Methode in der Bevölkerungsgeographie, begründet durch Herrn Lutz‘ Doktorvater Prof. Kinzl, sowie Prof. Fliri und Prof. Troger. Herr Lutz schrieb dazu über die Zuverlässigkeit von Tauf- und Sterbebüchern (Lutz 1961). Herr Lutz erstellte eine länderkundliche Dissertation (Lutz 1966). Neben Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen beschäftigte er sich auch mit Themen der Landschaftsentwicklung der Region Gröden. So gewann er neue Erkenntnisse in der Gletscherforschung und konnte durch den Fund von Erratika die Gletschergrenze in den Alpen heraufsetzen.

Nach dem Antritt als Assistent im wirtschaftsgeographischen Seminar der Goethe-Universität 1963, folgte 1966 ein zwölfmonatiger Forschungsaufenthalt in Neuseeland. Diese Entscheidung war kein Zufall, denn sein damaliger Vorgesetzter Herr Prof. Matznetter war interessiert an Arbeiten von Übersee. Da Herr Lutz sich bereits mit dem altweltlichen Alpenraum auseinandergesetzt hatte, bot sich ein Vergleich mit der Neuen Welt an. In Frage kamen die Anden, die Rocky Mountains oder die neuseeländischen Alpen. Auf Grund fehlender Spanischkenntnisse schieden die Anden aus. Bei seinem Wunsch nach dem entferntesten Gebirge empfahlen sich die neuseeländischen Alpen. Der Weg nach Neuseeland war nicht unbeschwert. Die reine Flugzeit betrug damals einen ganzen Tag. Allein, um von Sydney in die neuseeländische Hauptstadt Wellington zu gelangen, benötigte man vier Stunden. Auch die Kosten waren enorm, so bezahlte man als Assistent sechseinhalb Monatsgehälter.

Als mehrfacher Vater setzte sich Herr Lutz stark für die freie Schulwahl nach der Grundschule ein. Ab Mitte der 1980er Jahre war Herr Lutz Mitglied im Vorstand des hessischen Elternvereins und von 1990 bis 1994 auch erster Vorsitzender. Dazu war er Verfasser mehrerer schulpolitischer Texte (Lutz 1982). Als Ansprechpartner des Ministers nahm er direkten Einfluss auf die Entwicklung der Schulpolitik Hessens. Auf die Reformen des Bologna-Prozesses konnte Herr Lutz hingegen keinen Einfluss nehmen. Nach seiner Pensionierung konnte er keine eigenen Erfahrungen sammeln, als Mitglied des deutschen Hochschulverbandes und durch engen Kontakt mit aktiven Kollegen, konnte er sich aber ein Bild machen. Die Aufgabe der bewährten Diplomstudiengänge sei „nicht von Vorteil“. Das Vorschreiben von Themen für Lehrende sehe er als das größte Problem. Die Themenwahl sollte nach Forschungs- und Kenntnisschwerpunkt der Lehrenden erfolgen. Auch Studierende sollten freier in ihren Entscheidungen sein; denn früher wurden die Dozenten daran evaluiert, ob Studenten zu ihren Vorlesungen oder Seminaren kamen oder eben nicht.

Heute ist Herr Lutz damit beschäftigt sein Berufsleben aufzuarbeiten und Aufsätze zu Themen wie dem Kriegsende in seiner Heimat Adorf zu schreiben. Weiterhin hält er Vorträge und führt Exkursionen wie „in Gröden für Grödner über Gröden“. Insgesamt hat er noch „von morgens bis abends zu tun.“ Bliebe etwas Zeit würde er seine Kenntnisse in Germanistik vertiefen, um Siedlungsnamen besser zu deuten und da durch detaillierter auf die Siedlungsgeschichte schließen zu können. Wunschexkursionsziele hat Herr Lutz auch noch eine Menge: Da wären das Baltikum, Ungarn, Kroatien sowie Brasilien und dort besonders die von deutschen Einwanderern geprägten südlichsten Staaten Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul, Amerika, um die Entwicklung der Kulturlandschaft von Ost nach West zu untersuchen und natürlich noch Neuseeland. Doch dafür, sagt er, sei ein Leben zu kurz.

  • Lutz, W. (1961): Kirchenbücher als Quellen bevölkerungsgeschichtlicher Untersuchungen. Zur Frage der Zuverlässigkeit von Tauf- und Sterbebüchern, aufgezeigt am Beispiel jener Grödens. Schlern-Schriften 217. 51-68.
  • Lutz, W. (1966): Gröden. Landschaft, Siedlung und Wirtschaft eines Dolomitenhochtales. Tiroler Wirtschaftsstudien 21. Innsbruck 1966.
  • Lutz, W. (1982): Die freie Schulwahl nach der Grundschule – ein Sorgenkind hessischer Eltern. Elternbrief des HEV 1982 I, 4-6 und 9-10.
  • Lutz, W. (2014): Persönliche Mitteilung.

Philipp Duzak, Prof. Dr. Wilhelm Lutz, in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 13.07.2014, URL: http://use.uni-frankfurt.de/geopgraphie/duzak/.