Forschungsstand und Quellenlage

von Pascal Balló

Die Gründung der Universität Frankfurt am Main ist eingehend erforscht worden. Das umfangreiche zweibändige Werk von Notker Hammerstein, das ca. 1900 Seiten umfasst, beschäftigt sich jedoch lediglich auf 15 Seiten mit der Errichtung der Universität. Hammerstein begründet dies damit, dass der Gründungsprozess der Universität „so gut dokumentiert und mehrfach detailliert geschildert worden [ist], daß hier nur einige Abschnitte kurz in Erinnerung gerufen zu werden brauchen.[Anm. 1]

Mit dieser Aussage sind insbesondere Richard Wachsmuth, Ludwig Heilbrunn und Paul Kluke, die den Gründungsprozess ausführlich aufgearbeitet haben, gemeint. Die Bücher der drei Autoren rekonstruieren den Gründungsprozess aus drei unterschiedlichen Perspektiven, sodass sich diese teilweise ergänzen.

Kluke, von 1959-1974 an der Frankfurter Universität Professor für Mittlere und Neuere Geschichte (mit Schwerpunkt auf der Geschichte Frankfurts im 19. und 20. Jahrhundert) [Anm. 2], hat in seinem Buch „Die Stiftungsuniversität Frankfurt am Main 1914-1932“ [Anm. 3] die Errichtung der Hochschule wissenschaftlich aufgearbeitet. Die Skizzierung des Gründungsprozesses bettet er in den stadtgeschichtlichen Kontext ein. Hierbei stützt er sich nicht nur auf eine große Anzahl von Sekundärliteratur, sondern auch auf Protokolle der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, des Großen Rates sowie des Kuratoriums der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften, stenographische Protokolle des preußischen Abgeordneten- und Herrenhauses und auf zeitgenössische Artikel aus Zeitschriften und Zeitungen.

Heilbrunn war als Vertreter der Fortschrittlichen Partei seit 1910 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. Dort setzte er sich mit Verve für die Errichtung einer Universität ein. [Anm. 4] Insofern verwundert es nicht, dass er im Vorwort seines Buches „Die Gründung der Universität Frankfurt a. M.“ [Anm. 5] auf seine persönliche Befangenheit hinweist: „Und endlich wirft die kurze Darstellung ein Schlaglicht auf den politischen Kampf der Parteien in Staat und Stadt. Wer in diesen Kämpfen gestanden hat, darf nicht den Anspruch erheben, ohne Haß und Liebe bei der Schilderung der Ereignisse den Griffel geführt zu haben.[Anm. 6]

Heilbrunn befasst sich vor allem mit den Verhandlungen in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und des Sonderausschusses, aber auch mit den Verhandlungen im Preußischen Abgeordnetenhaus, und hierbei insbesondere mit den Reden der dortigen Vertreter aus Frankfurt. Bei der Schilderung dieser Vorgänge setzt er lediglich spärlich Fußnoten, die keinen Hinweis auf die entsprechenden Parlamentsprotokolle enthalten. Des Weiteren ist kein Literaturverzeichnis o. ä. abgedruckt.

Wachsmuth, seit 1907 Dozent des Physikalischen Vereins und seit 1908 der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften sowie erster Rektor der Frankfurter Universität, schildert, wenngleich nicht so detailliert wie Heilbrunn, in seinem Buch „Die Gründung der Universität Frankfurt am Main“ [Anm. 7], die Verhandlungen in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und der beiden preußischen Parlamentskammern. Den Schwerpunkt legt er auf die institutionelle Zusammenfassung der in Frankfurt ansässigen Institute zu einer Universität. Auch er verwendet fast keine Fußnoten und führt ebenso kein Literaturverzeichnis auf.

Neben diesen maßgeblichen Büchern sind vor allem die zahlreichen Aufsätze zu nennen, die sich mit Mäzenatentum, Bürgertum und Judentum intensiv auseinandersetzen und sich zwangsläufig immer wieder mit Frankfurt befassen. [Anm. 8] An dieser Stelle muss speziell auf den Historiker Ralf Roth verwiesen werden, der an der Goethe-Universität lehrt und sich intensiv mit dem Frankfurter Bürgertum und dem dortigen Stiftungswesen auseinandersetzt.

Die Quellenlage zum Gründungsprozess ist umfassend. Bei Wachsmuth finden sich alle für den Gründungsprozess wesentlichen Dokumente, Denkschriften, Verträge usw. im Anhang abgedruckt. Bei Heilbrunn sind die Finanzierungsmodelle bezüglich einer Universitätsgründung abgedruckt, mit denen er sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Vorsitzender des Sonderausschusses und als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung intensiv befasst hat.

Darüber hinaus lassen sich die stenographischen Protokolle der beiden preußischen Parlamentskammern sowie die Protokolle der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung einsehen. Auch die sich mit der Universitätsgründung befassenden Zeitungsartikel sind erhalten – teilweise sogar digitalisiert. Im IfS Frankfurt am Main sind ebenso fast alle Stiftungen und Schenkungen für die Stifter von 1911-1914 verzeichnet.

Anmerkungen

[1] Hammerstein, Goethe-Universität, S. 18.

[2] Vgl. Klötzer, Frankfurter Biographie. Bd. 1, S. 403.

[3] Kluke, Stiftungsuniversität.

[4] Vgl. Klötzer, Frankfurter Biographie. Bd. 1, S. 313.

[5] Heilbrunn, Gründung.

[6] Ebd., Vorrede.

[7] Vgl. Wachsmuth, Gründung.

[8] Siehe hierzu das Literaturverzeichnis dieser Arbeit.

Pascal Balló, Forschungsstand und Quellenlage [Teilabschnitt aus: Pascal Balló, Die Gründung der Universität Frankfurt und ihre Stifter jüdischer Herkunft], in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 15.08.2014, URL: http://use.uni-frankfurt.de/36stifter/ballo/forschung/.

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