Eröffnung der Universität

von Pascal Balló

Durch den am 28.09.1912 geschlossenen Stiftungsvertrag konnte Frankfurt nun den Antrag auf die staatliche Genehmigung für die Universitätsgründung im Kultusministerium einreichen. [Anm. 1] Nach Überprüfung der finanziellen Tragfähigkeit der künftigen Stiftungsuniversität wurde am 10.06.1914 – rechtzeitig vor Kriegsausbruch – die Universität Frankfurt am Main staatlich genehmigt. [Anm. 2] Im Oktober 1914 konnte, trotz des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges, das Wintersemester 1914/15 eröffnet werden.

Der stadtgeschichtliche Kontext war für die Gründung der Stiftungsuniversität unabdingbar. Eine ausschließliche Staatsuniversität, die der Stadt und den Stiftungen sowie den Stiftern keine Mitbestimmungsrechte eingeräumt hätte, wäre am Widerstand der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, des (jüdischen) Bürgertums und der Stiftungen gescheitert. Zudem hätte eine solche Staatsuniversität weder auf die in Frankfurt vorhandenen Stiftungen aufbauen, noch hätte es derart hohe finanzielle Summen erwarten können.

Bei der Darstellung der ersten Phase des Gründungsprozesses ist ebenso deutlich geworden, dass das jüdische Bürgertum diese Stiftungsuniversität institutionell und finanziell erst möglich machte. [Anm. 3] Von den zwölf Unterzeichnern des Stiftungsvertrages waren sechs Stiftungen, die von Juden gegründet und zu großen Teilen von ihnen finanziert wurden. [Anm. 4] Auch diejenigen Stifter, die die von der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung beanstandete Finanzierungslücke zu begleichen halfen, waren überwiegend Juden. [Anm. 5]

Im Rahmen der Schilderung der zweiten Phase des Gründungsprozesses kann angenommen werden, dass die freie und liberale Konstituierung der Frankfurter Universität ein zentrales Anliegen des jüdischen Frankfurter Bürgertums war. Die beiden skizzierten Artikel legen die Vermutung nahe, dass sich ohne eine freie und liberale Gestaltung der Universität das jüdische Bürgertum nicht in so hohem Maße beteiligt hätte. Gleichwohl muss konstatiert werden, dass das liberale Umfeld, die Stiftungstradition und die Geschichte der Stadt Frankfurt die Forderung des jüdischen Frankfurter Bürgertums nach Mitbestimmungsrechten zur Herstellung der tatsächlichen Gleichberechtigung begünstigte.

Anmerkungen

[1] Der Antrag auf Genehmigung ist bei Wachsmuth, Gründung, Anlage 34, S. 236 abgedruckt.

[2] Vgl. Heilbrunn, Gründung, S. 189. Die staatliche Genehmigung ist bei Wachsmuth, Gründung, Anlage 38, S. 254 abgedruckt.

[3] Die Bedeutung des jüdischen Bürgertums wird nochmals hervorgehoben, wenn die Diskussionen über die Gründung einer evangelisch-theologischen Fakultät betrachtet werden. Der Aufruf der evangelischen Synode, zu Stiftungsgründungen und Schenkungen für die Errichtung einer evangelischen Fakultät, verhallten ohne größere Wirkung. Es fanden sich fast keine Geldgeber. Vgl. hierzu Kluke, Stiftungsuniversität, S. 124.

[4] Ausgenommen die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften – diese wurde von der Stadt und Mertons Institut für Gemeinwohl gegründet.

[5] Vgl. hierzu die Abschnitte Die Universitätsgründung und ihre jüdischen Stifter und Die Stifter von 1911 bis 1914.

Pascal Balló, Eröffnung der Universität [Teilabschnitt aus: Pascal Balló, Die Gründung der Universität Frankfurt und ihre Stifter jüdischer Herkunft], in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 15.08.2014, URL: http://use.uni-frankfurt.de/36stifter/ballo/stiftungstradition/eroeffnung/.

Nach oben