Anteil des Bildungs- und Wirtschaftsbürgertums

von Pascal Balló

Die Dominanz des Wirtschaftsbürgertums im Gesamten, aber auch gesondert zwischen den jüdischen und nichtjüdischen Stiftern, wird in Abb. 3 eindrucksvoll dokumentiert.

Insgesamt sind 78,3% dem Wirtschaftsbürgertum, 20% dem Bildungsbürgertum und 1,7% der Kategorie „Nicht bekannt“ zuzuordnen. [Anm. 1] Wenn zwischen den jüdischen und nichtjüdischen Stiftern differenziert wird, so ergibt sich ein 78,8%iger Anteil des jüdischen und ein 77,8%iger des nichtjüdischen Wirtschaftsbürgertums. Auch hinsichtlich des Bildungsbürgertums sind fast identische Zahlen festzustellen: so sind bei den jüdischen Stiftern 21,2% und bei den nichtjüdischen Stiftern 18,5% dem Bildungsbürgertum zuzuordnen. Demnach ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den jüdischen und nichtjüdischen Stiftern bezüglich des Bürgertums. 

Der Anteil des Bildungs- und Wirtschaftsbürgertums von 1911-1914
Schaubild 3: Der Anteil des Bildungs- und Wirtschaftsbürgertums von 1911-1914 (Grafik Balló)

Hinsichtlich des finanziellen Engagements sind durchaus Unterschiede erkennbar. Insgesamt stellte das Wirtschaftsbürgertum 88% und das Bildungsbürgertum 11,4% der Stiftungssumme. [Anm. 2] Bei dem jüdischen Wirtschaftsbürgertum lag der Stiftungs- und Schenkungsanteil bei 91,4%, während es bei dem nichtjüdischen Pendant 81,5% waren.

Bei den jüdischen Stiftern brachte das Bildungsbürgertum 8,6% der Summe auf, während der Anteil des nichtjüdischen Bildungsbürgertums bei 16,9% lag.

Dieser enorme pekuniäre Anteil des Wirtschaftsbürgertums wird verständlicher, wenn der Anteil dieser Gruppe im Jahr 1910 an den 552 in Frankfurt vorhandenen Millionären aufgezeigt wird. Demzufolge stellte das Frankfurter Wirtschaftsbürgertum 72,5% dieser (teilweise mehrfachen) Millionäre. Das Bildungsbürgertum hingegen kam auf 11,8%. [Anm. 3]

Für die Universitätsgründung lässt sich zweifelsohne feststellen, dass das Frankfurter Wirtschaftsbürgertum im Gesamten und das jüdische Wirtschaftsbürgertum für die Gründung der Stiftungsuniversität unabdingbar waren. Im Folgenden gilt es zu untersuchen, ob tatsächlich von „dem“ jüdischen Frankfurter Wirtschaftsbürgertum gesprochen werden kann oder anders formuliert: Wie viele Stifter des jüdischen Frankfurter Wirtschaftsbürgertum lebten in Frankfurt?

Anmerkungen

[1] Josef Baer und Emil Sulzbach wurden dem Wirtschaftsbürgertum zugerechnet, da ihre Tätigkeit als (ehemalige) Bankiers die Grundlage ihrer Schenkung gewesen sein dürften.

[2] 0,6% waren nicht recherchierbar.

[3] Vgl. Roth, Stadt und Bürgertum, S. 576.

 

 

Pascal Balló, Anteil des Bildungs- und Wirtschaftsbürgertums [Teilabschnitt aus: Pascal Balló, Die Gründung der Universität Frankfurt und ihre Stifter jüdischer Herkunft], in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 15.08.2014, URL: http://use.uni-frankfurt.de/36stifter/ballo/stifter/buergertum/.

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