Die nichtjüdischen Stifter von 1911-1914

von Pascal Balló

Liste der nichtjüdischen Stifter 1911-1914

Name,
Vorname

Ffm-Bezug

Beruf

Summe (Mark)

Zeitpunkt

Zweckbestimmung

Bedingungen

Andreae Passvant,
Jean

Ja

Bankier

50.000

1912

"Zur Förderung ihrer Zwecke und zur Verstärkung ihrer
Mittel"

Keine Angaben

Bayer, Elise

Ja

Nicht bekannt

50.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Brauerei Binding
A.-G.

Ja

Industrie-Unternehmen

50.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Brüning,
Gustav von

Ja

Generaldirektor der Farbwerke Höchst

100.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt

Ja

Industrie-Unternehmen

250.000

1912

Nicht bekannt

Keine Angaben

Flauaus, Robert

Ja

Kommunalpolitiker

200.000

 27.05.
1911

Nicht bekannt

Keine Angaben

Grunelius & Co.

Ja

Bankhaus

100.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Haeffner, Adolf

Ja

Fabrikant

100.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Hauck von Metzler, Alexander und Otto

Ja

Bankiers

100.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Holzmann & Co. G.m.b.H.

Ja

Bau-Unternehmen

50.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Jureit, Johann J.

Ja

Schneidermeister

20.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Kleyer, Heinrich

Ja

Fabrikant

100.000

1912

"Insbesondere für ihre Lehr- und Forschungstätigkeit"

Keine Angaben

Kohn, Karl

Ja

Gasdirektor a. D.

50.000

1912

"Zur Ausführung und Förderung ihrer Lehr- und
Forschungstätigkeit“

Keine Angaben

Kotzenberg, Karl

Ja

Kaufmann

30.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Lucius,
Maximiliane

Ja

Chemiker,
Fabrikant

100.000

1912

"Für naturwissenschaftliche Zwecke"

Keine Angaben

Marx, Mathilde von

Ja

Bankier

100.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Metzler, Albert von

Ja

Bankier

100.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Mumm von
Schwarzen-stein,
Emma

Ja

Chef des Hauses G. H. Mumm & Co.

100.000 und 400.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Neher, Ludwig

Ja

Architekt, Baurat

100.000

1912

"Förderung der Zwecke der zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Passavant-Gontard, Richard von

Ja

Mitinhaber der Firma Gebr. Passavant

100.000

1912

"Förderung der medizinisch-wissenschaftlichen Forschungen“

Keine Angaben

Rath, Walter vom

Ja

Industrieller

100.000

1912

Nicht bekannt

Keine Angaben

Reiß, Paul

Ja

Justizrat

50.000

1912

Nicht bekannt

Keine Angaben

Roeßler, Hector

Ja

Chemiker,
Industrieller

100.000

1912

Nicht bekannt

Keine Angaben

Spieß, Gustav

Ja

Mediziner

50.000

1912

"Zur Förderung ihrer Zwecke und zur Verstärkung ihrer
Mittel"

Keine Angaben

Stroof, Ignatz

Ja

Technischer Leiter der chemischen Fabrik Griesheim

250.000

1912

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Varrentrapp,
Adolf und Thekla

Ja

Kommunalpolitiker (besoldeter Stadtrat, Magistratsmitglied)

107.000

06.02.
1911

"Förderung des
Universitätsgedanken"

Keine Angaben

Wernher,
Julius Charles

Ja

Juwelier

100.000

1913

"Für die zu Frankfurt a. M. zu errichtende Universität"

Keine Angaben

Insgesamt sind 27 nichtjüdische Stifter aufgelistet. Bei der Erstellung der nichtjüdischen Stifterliste ergaben sich ebenfalls Grenzfälle, die näherer Erläuterungen bedürfen. Einen solchen Grenzfall stellte die Kategorisierung insbesondere von Karl Kohn, aber auch von Julius Wernher und Elise Bayer, bezüglich ihrer nichtjüdischen Herkunft dar.

Kohn wird in den Stifterlisten von Arnsberg und Schiebler aufgeführt. [Anm. 1] Auch sein Nachname „Kohn“ spricht für eine jüdische Herkunft. [Anm. 2] In den Frankfurter Biographien-Lexika findet er sich allerdings nicht. Eugen Lennhoff und Oskar Posner schreiben ausdrücklich, dass Kohn nichtjüdischer Herkunft war und thematisieren gleichzeitig seinen Nachnamen, der offenbar falsche Assoziationen bei Arnsberg und Schiebler geweckt hat: „Kohn, Johann Gottlieb Carl, Direktor der Frankfurter Gasanstalt, Großmeister des Eklektischen Freimaurerbundes in Frankfurt a. M. (…) Nun war aber K. gar nicht einmal Jude, sondern stammte aus einer bis ins 18. Jahrhundert verfolgbaren Ahnenreihe westpreußischer Landwirte, die durchwegs evangelische Christen waren. Aus dem Werke von Heintze-Cascorbi ‚Die deutschen Familiennamen‘, Halle 1922, geht zur Evidenz empor, daß der jüdische Kohn, auch Cohn, in den christlichen Kuhne, Kühne, Kühn, Künne, Kohn, Cone, Köhne, Coenen, Kohnen, Namensvettern hat, die ihren Namen von dem gotischen Kunja, Kuni, althochdeutsch Kunni, d. i. genus, das Geschlecht, ableiten.[Anm. 3]

Weder bei Arnsberg noch bei Schiebler wird ersichtlich, warum Kohn in ihre Stifterliste eingeordnet wurde. Auch „Kohn“ ist zwar in der Regel ein üblicher jüdischer Nachname, doch wird diese Annahme von Lennhoff und Posner zumindest relativiert. Im Ergebnis wurde Kohn in die nichtjüdische Stifterliste aufgenommen, da er bei Lennhoff und Posner namentlich identifiziert wird.

Auch Wernhers Einordnung in die nichtjüdische Stifterliste ist näher zu erläutern, da es durchaus zu Missverständnissen kommen könnte. Er war ein bedeutender, in London lebender Diamantenhändler und arbeitete insbesondere u. a. mit Alfred Beit und Jules Porgés zusammen. Beide waren jüdischer Herkunft. [Anm. 4] Daher wird wohl Wernher in dem tendenziell antisemitischen Lexikon „The Jew’s Who’s Who“ biographisch knapp beschrieben. [Anm. 5] In dem Buch von Raleigh Trevelyan lautet bezeichnenderweise der erste Satz des ersten Kapitels: „The Wernhers were not Jewish but Lutheran, from an ‘old and reputable‘ Palatinate family, though many of Sir Julius Wernher’s closest business colleagues and friends were Jewish.“ [Anm. 6]

Die Stiftung der Erben Eugen Tornows wurde nicht in die Stifterliste aufgenommen, da Eugen Tornow 1904 verstarb und die Stiftung 1908 errichtet wurde. [Anm. 7]

Bei Robert Flauaus ist überhaupt kein Schenkungszeitpunkt vermerkt. Allerdings schreibt Adickes in einem Schreiben vom 29.06.1911 an Flauaus: „Lieber und verehrter Herr Flauaus! heute erhielt ich Ihren Brief v. 27. 5. [Jahres] und eile Ihnen für seinen Inhalt herzlichsten dank zu sagen, nicht nur für die Zuwendung zur Universität (…).“ [Anm. 8] Daher wurde in der Stifterliste der 27.05.1911 als Schenkungszeitpunkt angegeben.

Abschließend müssen noch die in der Stifterliste genannten Summen in Höhe von 100.000 Mark von Albert von Metzler, Walter vom Rath und des Bankhauses Grunelius & Co. thematisiert werden. Diese Angaben, die aus den Magistratsakten entstammen, differieren zu denjenigen, die Adickes in einem Schreiben vom 11.02.1912 an den Landrat Wilhelm Marx machte. [Anm. 9] Dem Frankfurter Oberbürgermeister zufolge haben diese jeweils 200.000 Mark gestiftet. [Anm. 10] Woher er jedoch diese Angaben hat, ist nicht mehr nachvollziehbar. Die in der Stifterliste angegebenen Summen wurden daher den entsprechenden Magistratsakten entnommen.

Anmerkungen

[1] Vgl. Arnsberg, Frankfurter Juden. Bd. II, S. 297; vgl. Schiebler, Hauptteil, S. 75.

[2] Zu dem Nachnamen „Kohn“, vgl. Doepper, Jüdische Namen, S. 131f; vgl. auch Menk, Dictionary, S. 430f.

[3] Lennhoff/Posner, Internationales Freimaurerlexikon, S. 421.

[4] Vgl. Trevelyan, Grand Dukes, S. 37.

[5] Vgl. The Jew’s Who’s Who, S. 291.

[6] Trevelyan, Grand Dukes, S. 3.

[7] Zu Eugen Tornow, vgl. Klötzer, Frankfurter Biographie. Bd. 2, S. 482. Zu der Stiftung, vgl. IfS, Stiftungsabteilung 483.

[8] Vgl. IfS, Bestand: Flauaus, Robert: Nachlass, Bestandskürzel: S 1-149, Findmittel: Rep. 642.

[9] Es ist nicht absolut sicher, ob der Landrat Wilhelm Marx oder doch jemand anderes gemeint ist. Zu Wilhelm Marx, vgl. das Personenregister.

[10] Vgl. Achinger, Wilhelm Merton, S. 218.

Pascal Balló, Die nichtjüdischen Stifter von 1911-1914 [Teilabschnitt aus: Pascal Balló, Die Gründung der Universität Frankfurt und ihre Stifter jüdischer Herkunft], in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 15.08.2014, URL: http://use.uni-frankfurt.de/36stifter/ballo/stifter/nichtjuedische-stifter/.

Nach oben