Aufbau und didaktisches Konzept

Plant man ein Projekt im Unterricht durchzuführen, ist es von großer Wichtigkeit sich zu überlegen, wieso genau dieser Unterrichtsinhalt für diese Schülergruppe zu diesem Zeitpunkt von Bedeutung ist. Deshalb sind die didaktischen Überlegungen im Vorfeld sehr bedeutsam und helfen, das Projekt möglichst genau auf die heterogene Lerngruppe zuzuschneiden.

Den zusammengefassten Überblick über die Lernziele des Projekt finden sie in nächsten Tab: "Überblick Lernziele".

Mit der Durchführung dieses Projektes planten wir, unterschiedliche Kompetenzbereiche des Kernkurrikulums für moderne Fremdsprachen an Gymnasien des Hessischen Kultusministeriums zu fördern sowie die Schüler den Spaß am Gebrauch der englischen Sprache entdecken zu lassen. Auch wollten wir eine Steigerung der Motivation im weiteren Verlauf des (Regel-) Unterrichts erreichen, da die Schüler die Möglichkeit bekamen, die Sprache in einer realistischen Situation zur Kommunikation anzuwenden. Zusätzlich wollten wir auch schwächeren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bieten, sich und ihre Fähigkeiten in Kleingruppen auszuprobieren. Diese Lernziele begründen sich, neben den Vorgaben des Hessischen Kultusministeriums für den Englischunterricht der 6. Klasse, vor allem in unseren Beobachtungen während den Hospitationen und den Gesprächen mit der Klassenlehrerin über den Lernstand der Gruppe.

Um diese Ziele zu erreichen müssen viele Punkte berücksichtigt werden. Insbesondere ist natürlich die Auswahl des Themas eines Projekttages wichtig, da dieses unbedingt einen Schülerbezug haben sowie motivierend wirken und das Interesse der Schüler wecken sollte. Allerdings muss es auch einen fundierten Lehrplanbezug besitzen und gut in einem Projekt behandelt werden können. Wir entschieden uns deshalb den Themenbereich „London“ aus dem „Textbook“ aufzugreifen. Das Thema wurde in einer vorausgegangenen Unit ausführlich behandelt, ist in den kurzen Einheiten im Textbuch durch den Alltag der in London lebenden Protagonisten jederzeit gegenwärtig und für die Schüler somit ein direkter Bezugspunkt. Zusätzlich entschieden wir uns, die Thematik der „Bullies“ (deutsch: Rüpel, Schul-Tyrann) aufzugreifen. Diese wurde ebenfalls zur Zeit der Projektplanung im Unterricht behandelt und war unserer Meinung nach von großer Wichtigkeit, da Mobbing in der Schule laut einer Studie der Universität Lüneburg bereits jeden zweiten Schüler betrifft.

Der zweite Schritt nach der Themenfindung ist nun die Frage, wie dieses Thema erarbeitet werden kann und welche Kompetenzen die Arbeitsformen und Aufgaben fördern sollen. Bei den Hospitationen in der Klasse stellten wir fest, dass wir mit einer heterogenen Lerngruppe arbeiten würden, sowohl das sprachliche Niveau als auch den sozialen Umgang miteinander betreffend. Manche Schüler stachen mit ihren sprachlichen Fähigkeiten heraus, andere wirkten hier eher unsicher, während diverse Schüler gerne mit anderen kommunizierten und zusammenarbeiteten, und andere im sozialen Miteinander eher außen vor blieben. Deshalb entschieden wir uns, neben sprachlichen Kompetenzen auch den sozialen Umgang miteinander und somit die soziale Kompetenz und die personale Kompetenz zu fördern. Diese spielt besonders bei der angemessenen Steuerung eigener Arbeitsprozesse und Handlungen sowie beim Entwickeln eines positiven Selbstkonzeptes eine große Rolle.

Auf die Überprüfung des Erreichens der Lernziele gehen wir im Punkt „Evaluation“ ein, jedoch entschieden wir uns bewusst gegen einen abschließenden Test oder ein ähnliches Mittel der Prüfung zu Evaluationszwecken. Nach der Hospitation in der Klasse und den Gesprächen mit der Klassenlehrerin wurde deutlich, dass Leistungsdruck und Prüfungsangst bei diversen Schülerinnen und Schülern bereits eine Schwierigkeit darstellen. Hier galt deshalb, das Erlernen der Sprache in diesem authentischen Kontext nicht direkt mit Prüfungsangst zu verknüpfen.

Die Lernziele sowie die Zielsetzung für den Projekttag waren besonders:

  • Den Schülern die Möglichkeit zu geben, die englische Sprache in einer möglichst realistischen Situation anzuwenden und sich auszuprobieren
  • Motivation für das weitere Erlernen der Fremdsprache aufzubauen
  • Die im Kernkurrikulum genannten Kernkompetenzen (Personale Kompetenz, Soziale Kompetenz, Kommunikationskompetenz mit Hörverstehen, Sprechen und Schreiben) zu fördern
  • Den Wortschatz auszubauen und bereits bekannte Vokabeln zu vertiefen
  • Angst vor dem Gebrauch der Sprache abzubauen, da man in einer kleinen Gruppe spricht und sich dort ggf. eher traut,
  • Die Förderung eines positiven Selbstkonzeptes
  • Die Förderung der Sozialkompetenz durch die Arbeit an einem gemeinsamen Ziel in einer Gruppe

Neben den didaktischen Überlegungen zum Formulieren der Lernziele spielen auch die methodischen Überlegungen zum Ermöglichen dieser Lernfortschritte eine wichtige Rolle. Wie erfolgreich gewünschte Kompetenzen erworben und ausgebaut werden können, hängt stark von der ausgewählten Unterrichts-, Lehr- und Lernmethode ab.

In unserem Fall stellt die übergeordnete Methodik die Projektarbeit selbst dar. Die vielseitig variierbaren Arbeiten in Rahmen des Projekts bieten die Möglichkeit des Zurückgreifens auf den eigenen „methodischen Werkzeugkoffer“ und erlauben das integrieren von Methoden aus dem gesamten Repertoire. Somit ist die zugrunde liegende Struktur der Projektarbeit selbst das größte methodische Werkzeug. Eines der Hauptargumente, die für eine Projektarbeit sprechen, ist die Motivationskraft die diese Art des Arbeitens beinhaltet. Die freie Wahl des Themas ermöglicht es ein Thema zu wählen, das das Interesse der Schüler weckt. Des Weiteren können die einzelnen Phasen des Projekts untereinander variieren, was motivierend wirkt und der Lehrperson ermöglicht, eine große Bandbreite an passenden Methoden aus ihrem Werkzeugkoffer auswählen zu können.

Zudem ist die hier Projektarbeit durch ihre Struktur begrenzt. Der Projektarbeit liegt eine Herausforderung zugrunde, auf dessen Lösung im Verlauf des Projekts gezielt zugearbeitet wird. Jede bewältigte Aufgabe lässt das Bild ein wenig klarer erscheinen und bringt die Projektteilnehmer einen weiteren Schritt in Richtung der Lösung der anfänglichen Herausforderung. Die Beschäftigung mit der konkreten Aufgabenstellung bietet so die Möglichkeit der motivierten Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten.

Das Engagieren im Projekt ist für die Schüler eine Abwechslung zum Schulalltag. Während des Projekts wird es den Schülern spielerisch ermöglicht neue Erfahrungen zu machen, die im regulären Schulbetrieb nur unter großen Mühen zu ermöglichen wären. So fördert unter anderem die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Ergänzens die sozialen Kompetenzen der Schüler.

Ein weiterer Vorteil der Projektarbeit ist die freie Wahl der Arbeits- und Sozialform. Je nach Lernziel und Lernvoraussetzung der Schüler kann zwischen selbstständiger-, Kooperations- und Gruppenarbeit von Station zu Station neu entschieden werden. Für den größtmöglichen Nutzen unseres Projekts bat sich eine Kombination aus Stationsarbeit im Gruppen sowie dem kommunikativen Austausch im Plenum an.
Die Einteilung in Gruppen erfolgte im Anschluss an das Frühstück, um gleich zu Anfang die Schüler zu aktivieren und jedem zu der Möglichkeit der Einbringung seiner Stärken zu verhelfen.

Entscheidend für die Auswahl der Sozialform und die Themenfindung unseres Projektes war für uns die Frage, wie dieses Thema erarbeitet werden kann und welche Kompetenzen die Arbeitsformen, Methoden und Aufgaben fördern sollen. Um alle genannten Aspekte in einem Projekt für eine heterogene Lerngruppe zu vereinen, erschien uns vor allem eine Stationsarbeit in Kleingruppen, um für jeden Schüler eine passende Aufgabe zu finden, kombiniert mit einem großen gemeinsamen und gleichen Ziel und einem realistischen Anlass, welcher die Schüler motiviert, sinnvoll.

Die Arbeit in den Kleingruppen fördert neben der sozialen Kompetenz durch den Austausch innerhalb der Gemeinschaft und das Lösen diverser Interessenskonflikte, auch die Kommunikationskompetenz, da ein Austausch, selbstverständlich auf Englisch, über das weitere Vorgehen, Überlegungen und Hinweise unabdingbar sind.

Zusätzlich fördern die gestellten Aufgaben an den Stationen unterschiedlichste Kompetenzbereiche. Wir achteten besonders darauf, dass jede der drei Arbeitsgruppen an den gleichen Kompetenzbereichen arbeitet, die neben dem Fördern des Hörverstehens, dem Sprechen und Schreiben in der Fremdsprache (Kommunikative Kompetenz) auch die Problemlösekompetenz (Personale Kompetenz) beinhalten. Ebenfalls sollte der Ausbau des Wortschatzes gefördert werden und bereits bekannte Vokabeln trainiert werden, weshalb wir besonders bei den Kreuzworträtseln Vokabeln abfragten, die zu diesem Zeitpunkt im Unterricht behandelt wurden.

Als abschließendes Beispiel fördert das Hören und Verstehen des Liedes der Opernsängerin (siehe Arbeitsblatt) neben dem Hörverstehen auch den Ausbau des Wortschatzes, die Problemlösekompetenz durch das Lösen des Rätsels und die Sozialkompetenz durch die Rücksichtnahme und Absprache innerhalb der Kleingruppe. Die Kommunikation an sich fördert natürlich ebenfalls die Kommunikationskompetenz.

Zusätzlich ist es oft schwer, die Aktivität jedes Schülers in einer Gruppenarbeit zu gewährleisten. Deshalb ist es wichtig, dass die „Time-Keeper“, in diesem Falle wir als Studenten, neben der Einhaltung des zeitlichen Rahmens und der sozialen Regeln auch im Auge zu behalten, dass inaktivere Schüler motiviert und mit einbezogen werden. Auch deshalb entschieden wir uns dafür, die Schüler nach dem Entdecken der „Character Sentences“ an ihren Stühlen ihren Charakter in eigene Worten reihum präsentieren zu lassen. So hat gleich zu Beginn jeder Schüler einen Sprachanlass und auch einen Sprachanteil, fühlt sich als Teil der Gruppe wichtig und mit einbezogen.

Dies ist auch ein wichtiger Punkt, den das Präsentieren der Ergebnisse am Ende fördert. Die Schüler haben erneut einen Sprachanlass, trainieren ihre Präsentationsfähigkeit und erhalten die Möglichkeit, ihren Weg zum Ziel darzustellen.

Um den Schülergruppen die Orientierung während des Projektes zu erleichtern, strukturierten wir die Stationen farblich. Jede Gruppe durfte nur die Umschläge öffnen, die in ihrer Gruppenfarbe (Rot, Gelb oder Grün) gehalten war. Auch im Hinblick darauf, dass wir mit einer lebendigen 6. Klasse arbeiteten, war uns diese Strukturierung wichtig, da wir vermeiden wollten, dass Hinweise aus Versehen von der falschen Gruppe geöffnet werden oder gänzlich verloren gehen.

Als weiteres Mittel der Strukturierung setzten wir die „Spielzeit“ ein. Diese setze die „reale Uhrzeit“ außer Kraft und sorgte dafür, dass nicht die Kleingruppe gewann, die zeitlich gesehen als erstes die Stationsarbeit beendete, sondern ein die Gruppe die am wenigsten „Spielzeit“ in Anspruch genommen hat.

Dafür sind an jeder Station Minuten oder Stunden vermerkt, die die Schülergruppe durch den anwesenden „Time-Keeper“ vermerkt bekommt- Beispielsweise wird für das Erledigen eines Arbeitsauftrages 60 Minuten vermerkt. Die Zeitspanne, die addiert wird, ist durch die Formulierung der Arbeitsaufträge festgelegt. Doch nicht nur für „richtige“ Stationen wird Zeit addiert, auch die „Fehlstationen“, also Stationen ohne Arbeitsaufträge, die erreicht werden wenn man einen Hinweis falsch gedeutet hat, kosten Zeit.

Somit ist es für die Schülerinnen und Schüler am sinnvollsten, die Arbeitsaufträge ohne Hektik und gründlich zu erledigen, um an den korrekten Hinweis und somit auch ohne „ teure Umwege“ direkt an der nächsten korrekten Station zu landen. Dadurch planten wir, das ausführliche Erledigen der Arbeitsaufträge in einer doch recht spannenden und lebhaften Stationsarbeit zu sichern und den Schülern genug Zeit einzuräumen, sich auszuprobieren.

Abschließend teilten wir Urkunden für alle Schüler aus, die an dem Projekt teilnahmen, nicht nur an die Gruppe der Sieger. Die Urkunden an sich visualisieren die Leistung der Schüler und motivieren sie, weitere Aufgaben im kommenden Fremdsprachenunterricht mit den positiven Erfahrungen des Projekttages zu verknüpfen und ein positives Selbstbild im Bezug auf das Erlernen der Fremdsprache zu entwickeln. Dies wollten wir gerade schwächeren Schülern nicht vorenthalten, da besonders sie von einer Bestärkung dieser Art profitieren.

Anpassung an andere Altersgruppen:

An verschiedenen Punkten lässt sich ansetzen, um das Projekt an eine andere Altersgruppe anzupassen. Je nach Sprachniveau der Gruppe lassen sich Aufgabenstellungen ohne große Mühe vereinfachen oder komplizierter formulieren, zusätzlich lässt sich der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben an sich anpassen.

Die Zahl der Verdächtigen lässt sich vergrößern oder verkleinern, sowie die Beschreibung dieser vereinfachen oder auch ausführlicher und schwieriger gestalten, um die Spannung für, beispielsweise, die 8. Klasse einer Realschule zu erhöhen.


Anpassung an andere Themenbereiche: (Amerika, Indianer, aber auch City oder ähnliches)

Eventuell sollte, wenn das Projekt mit eine Gruppe anderer Altersklassen durchgeführt wird, auch der Themenbereich angepasst werden. Ebenfalls angepasst werden sollte der Themenbereich, wenn die Thematik „London, Queen, Juwelen“ nicht in den Lehrplan passt oder das „Textbook“ eine Alternative, wie beispielsweise das zu dem Zeitpunkt bearbeitete Thema „USA“ oder ähnliches bietet.


Anpassung an andere Fächer oder Kooperation mit anderen Fächern:

Auch eine Kooperation mit anderen Fächern ist möglich. Die „Hints“ und „Tasks“ können vielfältig und beliebig mit Fragen oder Hinweisen aus anderen Fächern kombiniert werden, beispielsweise bietet sich eine Kooperation mit dem Fach „Mathematik“ an. Um eine große, alte Truhe öffnen zu können, muss ein Rätsel gelöst werden, das aus einer auf Englisch formulierten Text-Rechenaufgabe besteht.

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Benjamin Bellinger, Marie-Luise Kessler und Jessica Wey, Sherlock Holmes London Mystery Project, in: USE: Universität Studieren / Studieren Erforschen, 27.01.2015, URL: http://use.uni-frankfurt.de/pbl/sherlockholmes/.

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