Hennig Brinkmann

  • Geboren 29.08.1901 in Königsberg, gestorben 08.07.2000 in Lüdinghausen (Westfalen)
  • Katholisch
  • Vater: August Brinkmann (Professor für Klassische Philologie in Königsberg und Bonn), Mutter: Julianne, geb. Kraemer
  • 20.06.1933 Mitglied der SA, Truppenführer im Sturm 14/81
  • 01.05.1937 Mitglied der NSDAP
  • Dezember 1939 – Februar 1941 Soldat
  • 19.07.1947 Entlastungszeugnis der Entnazifizierungskammer des Kreises Lippstadt (Einstufung: „entlastet“)

Hennig Brinkmann wurde am 29. August 1901 in Königsberg geboren. Von 1910 bis 1918 besuchte er das Städtische Gymnasium in Bonn. Im Anschluss daran studierte er in Bonn und München Germanistik, Geschichte und Latein im Hauptfach und Philosophie und Niederländisch im Nebenfach. Nach seiner Promotion 1923 und seiner Habilitation im Jahr darauf lehrte er an den Universitäten in Jena und Berlin. 1933 trat Brinkmann in die SA und 1937 in die NSDAP ein. Von 1938 bis 1945 war er als ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität in Frankfurt am Main als Nachfolger von Julius Schwietering tätig. Seine Lehrtätigkeit wurde von seiner Zeit als Soldat vom Dezember 1939 bis zum Februar 1941 unterbrochen. In dieser Zeit ist er als Schütze dem Wehrbezirkskommando Frankfurt unterstellt, welches ihn bereits Ende Januar 1941 uk stellte (uk = unabkömmlich). Außerdem ging er für das Wintersemester 1943/44 als ordentlicher Professor an die Universität Istanbul, um die dortige Entwicklung der Germanistik und der deutschen Sprachschule voranzutreiben und nicht zuletzt um parteipolitische Interessen im Ausland zu vertreten, was aus seinem Reisebericht hervorgeht. Während seiner Abwesenheit wurde Brinkmann in Frankfurt von Ludwig Wolff vertreten. Von November 1944 bis Mai 1945 erfolgte eine weitere Berufung an die Universität Agram/Zagreb. In diesem Zeitraum konnte Wolff die Vertretung nicht wahrnehmen. Nach Brinkmanns Rückkehr lehnte der Hauptuntersuchungsausschuss der Universität Frankfurt im Januar 1946 die Belassung Brinkmanns im Lehramt wegen Bedenken politischer Art ab. Einige Jahre arbeitete er als Privatgelehrter und Gymnasiallehrer, bis er 1957 als außerordentlicher Professor an der Universität Münster eingestellt wurde. Ab 1963 war er dort als ordentlicher Professor für Mittellateinische Philologie tätig. Zu seinem 60. Geburtstag wurde 1961 eine Freundesausgabe der Zweimonatsschrift Wirkendes Wort von Felix Arends veröffentlicht. Darin wird er besonders für sein sprachwissenschaftliches Schaffen gelobt. Kurt Derleth nennt ihn einen „urteilssicheren Kenner deutscher Dichtung, insbesondere auf dem Gebiet des mittelalterlichen Schrifttums“ [1]. Auch andere Institutionen rühmten Brinkmann für seine akademische Leistung. So wurde ihm 1959 die Medaille der Universität Helsinki verliehen und 1973 das goldene Doktordiplom der Universität Bonn.  Am 08. Juli 2000 starb Hennig Brinkmann in Lüdinghausen.



[1] Derleth, Kurt: Zum Geleit. In: Wirkendes Wort, Hennig Brinkmann zur Vollendung des 60. Lebensjahres, hg. von Felix Arends, 3. Sonderheft, Düsseldorf: Schwann, 1961, S. 2

1923 Promotion Bonn: Thema: „Die lateinische Liebesdichtung des Mittelalters“
1924 Habilitation Jena: Thema: „Entstehungsgeschichte des Minnesangs“
1923-1925 Deutsch- und Geschichtsunterricht in der Jenaer Erziehungsanstalt
ab 1924 Priv.-Dozent an der Universität Jena für Deutsche und Mittellateinische Philologie
SoSe 1929 – SoSe 1930 Vertretung des ordentlichen Lehrstuhls für Dt. Philologie und Literatur
1930-1938 nichtbeamteter ao. Professor
SoSe 1937 – SoSe 1938 Vertretung des ordentlichen Lehrstuhls für Dt. Philologie in Berlin
1938 – 1945 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Frankfurt am Main; 1940 wird er von Ludwig Wolff wegen seines Kriegsdienstes vertreten
Oktober 1943 – April 1944 ordentlicher Professor für dt. Sprache und Literatur der Universität Istanbul
SoSe 1944 Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit in Frankfurt am Main
November 1944 – Mai 1945 ordentlicher Professor an der Universität Agram/Zagreb
Januar 1946 Hauptuntersuchungsausschuss der Universität Frankfurt lehnt die Belassung Brinkmanns im Lehramt wegen „Bedenken politischer Art“ ab
1945 – 1948 Privatgelehrter in Lippstadt
1948 - 1950 Lehrer für Deutsch und Latein an einer katholischen Mädchenschule in Lippstadt
1950 – 1956 Lehrer für Deutsch und Latein am staatl. Gymnasium in Düsseldorf
1957 – 1963 ao. Professor für Lateinische Dichtung des MA in Münster
1959 Verleihung der Rechte eines ordentlichen Professors
1959 Verleihung der Medaille der Universität Helsinki
1963-1969 ordentlicher Professor für Mittellateinische Philologie (Münster) und Direktor des Seminars für Mittellateinische Philologie
ab 1965 Mitglied des Wissenschaftlichen Rates des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim

Selbstständige Publikationen (Auswahl)

  • Geschichte der lateinischen Liebesdichtung im Mittelalter. Halle/Saale 1925.
  • Die Idee des Lebens in der deutschen Romantik (Schriften zur deutschen Literatur 1). Augsburg, Köln 1926.
  • Zu Wesen und Form mittelalterlicher Dichtung. Halle/Saale 1928.
  • Sprachwandel und Sprachbewegungen in althochdeutscher Zeit (Jenaer germanistische Forschungen 18). Jena 1931.
  • Anfänge des modernen Dramas in Deutschland. Versuch über die Beziehungen zwischen Drama und Bürgertum im 16. Jahrhundert (Jenaer germanistische Forschungen 22). Jena 1933.
  • Die deutsche Berufung des Nationalsozialismus. Deutsche Spannungen – Deutsche Not – Deutsche Umkehr. Jena 1934.
  • Die deutsche Sprache. Gestalt und Leistung (Sprache und Gemeinschaft. Grundlegung 1). Düsseldorf 1962.
  • Studien zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Bd. 1: Sprache, Bd. 2: Literatur. Düsseldorf 1965 – 1966.
  • Mittelalterliche Hermeneutik. Tübingen 1980.
  • Sprache als Teilhabe. Aufsätze zur Sprachwissenschaft. Zu seinem achtzigsten Geburtstag ausgew. u. hrsg. v. Maximilian Scherner (Sprache der Gegenwart 55). Düsseldorf 1981.

Aufsätze (Auswahl)

  • Wege der epischen Dichtung im Mittelalter. In: Archiv Neuschwabenland 200 (1964), S. 401-435.
  • Heinrich Böll: »Es wird etwas geschehen – Eine handlungsstarke Geschichte«. Aufschließung eines literarischen Textes von den Satzmodellen aus. Jost Trier zum 70. Geburtstag. In: Wirkendes Wort 14 (1964), S. 365-373.
  • Voraussetzungen und Struktur religiöser Lyrik im Mittelalter. In: Mittellateinisches Jahrbuch 3 (1966), S. 37-54.
  • Die »zweite Sprache« und die Dichtung des Mittelalters. In: Methoden der Wissenschaft und Kunst des Mittelalters. Hrsg. v. Albert Zimmermann (Miscellanea mediaevalia 7). Berlin 1970, S. 155-171.
  • Verhüllung (»integumentum«) als literarische Darstellungsform im Mittelalter. Helmut de Boor zum 80. Geburtstag. In: Der Begriff der Repraesentatio im Mittelalter. Hrsg. v. Albert Zimmermann (Miscellanea mediaevalia 8). Berlin 1971, S. 314-339.
  • Die Zeichenhaftigkeit der Sprache, des Schrifttums und der Welt im Mittelalter. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 93 (1974), S. 1-11.
  • Komplementäre Widersprüche in Sprache und Literatur. Für Hugo Moser zum Gedenken. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 108 (1989), S. 321-349.
  • Das Wesen der Dichtung in der deutschen Literaturwissenschaft meiner Zeit. In: Poetica. An International Journal of Linguistic-Literary Studies 45 (1996), S. 125-151.

 

Semester

Fach

Titel der Lehrveranstaltungen

SoSe 1939

Deutsche Philologie

Vor- und Frühgeschichte der deutschen Sprache (von der urgermanischen bis zum Ende der althochdeutschen Zeit)

 

 

Dichtung und Schrifttum von der germanischen Zeit bis zum christlichen Mittelalter

 

 

Mittelhochdeutsche Übungen

WiSe 39/40

Volk, Staat und Politik

Die deutschen Sprachlandschaften und ihre Erforschung

 

Deutsche

Die deutsche Dichtung von der salischen bis zur staufischen Zeit

 

Philologie

Übungen zu den inneren Wandlungen der deutschen Sprache im Mittelalter (Otfried bis Notker)

 

Nordische Philologie

Einführung in das Altnordische

Trimester 1-3 / 1940

 

 

Trimester/ 1941

Deutsche Philologie

Geschichte der deutschen Literatur I (von der germanischen bis zum Ende der althochdeutschen Zeit)

 

 

Edda-Lektüre

 

 

Althochdeutsche Übungen

 

 

Walther von der Vogelweide

SoSe 1941

Deutsche Philologie

Geschichte der deutschen Literatur II (von der salischen bis zur staufischen Zeit)

 

 

Grundzüge der deutschen Sprachgeschichte II (das Nomen)

 

 

Die Heldenlieder der Edda

 

 

Gotische Übungen

 

 

Deutsche Dichtung aus der Zeit des Symbolismus

WiSe 41/42

Dt. & Nord.

Die deutsche Lyrik vom Mittelalter bis zur Gegenwart

 

Philologie

 

 

Deutsches

Mittelhochdeutsche Übungen

 

Seminar

Deutsches Volkslied

 

 

Die deutsche Heldendichtung des Mittelalters

 

Nordisches

Einführung in das Altisländische

 

Seminar

Eddalieder

SoSe 42

Dt. & Nord.

Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache

 

Philologie

Germanische Dichtung

 

Deutsches

Einführung in das Althochdeutsche

 

Seminar

Wolfram von Eschenbach

 

Nordisches Seminar

Die Isländersaga

WiSe 42/43

Dt. & Nord. Philologie

Deutsche Heldensage

 

Deutsches

Gedichte alter und neuer Zeit

 

Seminar

Methoden der Literaturgeschichte des Mittelalters

 

Nordisches

Einführung in das Altisländische

 

Seminar

Eddalieder

SoSe 43

Dt. & Nord.

Der deutsche Minnesang

 

Philologie

Geschichte der deutschen Sprache

 

Deutsches

Einführung in das Mittelhochdeutsche

 

Seminar

Walther von der Vogelweide

 

Nordisches Seminar

Die jüngeren Heldenlieder der Edda

WiSe 43/44

Dt. & Nord.

Der geschichtliche Aufbau des Neuhochdeutschen

Die Veranstaltungen sind im Vorlesungsverzeichnis zwar eingetragen, doch Brinkmann lehrt zu dieser Zeit in Istanbul und wird durch Wolff vertreten.

 

Philologie

Geschichte der deutschen Literatur I (von der germanischen Zeit zum christlichen Mittelalter)

 

Deutsches Seminar

Einführung in das Althochdeutsche

 

Nordisches Seminar

Isländersaga

SoSe 44

Dt. & Nord. Philologie

Dichtung und Schrifttum von der germanischen Zeit bis zum Mittelalter

 

Deutsches Seminar

Dichtung und Sprache der althochdeutschen Zeit

 

Nordisches Seminar

Einführung in das Altisländische

(Bild: Felix Arens [Hg.], H. B. zur Vollendung des 60. Lebensjahres. Düsseldorf 1961).

Einblick in Brinkmanns Publikation „Die deutsche Berufung des Nationalsozialismus“ (1934)

Während die Titel der übrigen Werke von Hennig Brinkmann eher fachwissenschaftlich klingen und sich mit der deutschen und lateinischen Sprache und deren Entwicklung beschäftigen, wird man bei der Publikation aus dem Jahre 1934 zwangsläufig hellhörig. Der Begriff „Nationalsozialismus“ steckt hier bereits im Titel und auch der Untertitel „Deutsche Spannungen – Deutsche Not – Deutsche Umkehr“ schürt Erwartungen. ... [Weiterlesen]

Brinkmann im Ausland

Hennig Brinkmann verbringt, während seiner Zeit als ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Frankfurt am Main, auch einige Zeit im Ausland. Seine erste Reise führt ihn für wenige Tage nach Stockholm. Dort hält er am 25. und 26. Januar 1943 in der Hochschule Stockholm eine vierstündige Vorlesung... [Weiterlesen]

Brinkmanns Weg zurück an die Universität

Die Zeit nach Brinkmanns Rückkehr aus Agram bezeichnet er selbst als ein Wüstendasein. Nachdem die philologische Fakultät der Frankfurter Universität Hennig Brinkmanns Wiedereinstellung widerspricht, zieht er nach Lippstadt zu seinem Schwiegervater, wo seine Familie zuvor schon untergekommen war. Dort verdient er Geld mit Lateinunterricht an verschiedenen Mädchenschulen... [Weiterlesen]

Quellen

[Einsehen]