Ludwig Wolff

  • von 1937 bis 1960 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie und Direktor der Germanistischen Seminars an der Universität Marburg
  • Lehrschwerpunkte: germanisch-deutsche Heldensage und -dichtung, niederdeutsche Sprache und Literatur, Geschichte der mhd. Dichtung (besonders Wolfram von Eschenbach)
  • 1932-1975 Vorstandsmitglied des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung
  • Ehrenmitglied der Gesellschaft für niederdeutsche Sprachforschung (Lund) und der Wolfram von Eschenbach-Gesellschaft
  • (Mit-)Herausgeber von Hartmanns von Aue Iwein, Der arme Heinrich, Gregorius, Erec sowie Otfrieds ,Evangelienbuch‘ und Dichtungen des Pfaffen Könemann

Ludwig Wolff kam am 1. Februar 1892 in Bad Wildungen (Waldeck) als Sohn des Universitäts- und Justizrates Dr. Otto Wolff und dessen Frau Marie, geb. Strohmeyer, zur Welt. Er war evangelischer Konfession. Bevor er 1912 seine Reifeprüfung an der Kaiser-Wilhelm II.-Oberschule in Göttingen ablegte, wurde Wolff wegen der Folgen einer Kinderlähmung vor allem privat unterrichtet. [1] Ab 1912 studierte er Deutsche und Englische Philologie an der Universität Göttingen, wo er nach seiner Habilitation 1922 zunächst als Privatdozent und später als ao. Professor für Deutsche Philologie tätig war. Am 7. März 1937 wurde Wolff als ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an die Universität Marburg berufen. Im 1.-3. Trimester 1940 sowie im WS 1943/44 übernahm Wolff an der Universität Frankfurt die Vertretung des ordentlichen Professors Hennig Brinkmann. [2] Ein erneutes Vertretungsgesuch für das Wintersemester 1944/45 wurde von der Universität Marburg abgelehnt. [3] Am 7. Februar 1948 wurde das Verfahren gem. Art. 33 Abs. 5 des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus gegen ihn eingestellt. Wolff wurde als „vom Gesetz betroffen – aber nicht belastet“ [4] eingestuft, da er im November 1934 „aus eigenem Entschluss“ [5] aus der SA-Reserve ausgetreten sei. Bis zu seiner Emeritierung 1960 war Wolff ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Marburg. Er starb am 30. Juni 1975 in Gießen.

 


[1] Vgl. Holger Wagemann, [Art.] Wolff, Ludwig. In: Internationales Germanistenlexikon1800-1950. Hrsg. von Christoph König. Band 3. Berlin 2003, S. 2062.

[2] Vgl. Frankfurt, Universitätsarchiv, Abt. 4, Nr. 1090, Bl. 20.

[3] Vgl. Marburg, Universitätsarchiv, Best. 305a Nr. 4449: Rektor der Universität Marburg an den Rektor der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. Main am 9. November 1944.

[4] Marburg, Universitätsarchiv, Best. 310 Nr. 6511b: Beschluss des Hessischen Staatsministeriums, Der Minister für politische Befreiung vom 7. Februar 1948.

[5] Ebd.

ab WiSe 1912 Studium der Deutschen und Englischen Philologie in Göttingen
1919 Promotion bei Edward Schröder (Göttingen) mit der Dissertation: „Studien über die Dreikonsonanz in den germanischen Sprachen“
1922 Habilitation (Göttingen) mit der Habilitationsschrift: „Der Gottfried von Straßburg zugeschriebene Marienpreis und Lobgesang auf Christus“
1922-29 Privatdozent für Deutsche Philologie an der Universität Göttingen
ab 1927 Lehrbeauftragter für Niederdeutsche Sprache und Literatur sowie Deutsche Volkskunde an der Universität Göttingen
1929-37 nichtbeamteter außerordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Göttingen
1931-32 außerordentlicher Professor (vermutlich für Deutsche Philologie) am Herder-Institut Riga
WiSe 1936/37 Vertretung des Lehrstuhls für Deutsche Philologie an der Universität Marburg
1937-60 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie und Direktor des Germanischen Seminars an der Universität Marburg
1.-3.Trimester 1940 Vertretung des Lehrstuhls von Hennig Brinkmann an der Universität Frankfurt am Main
WiSe 1943/44 erneute Vertretung des Lehrstuhls von Hennig Brinkmann an der Universität Frankfurt am Main
WiSe 1944/45 Antrag auf neuerliche Vertretung Brinkmanns an der Universität Frankfurt am Main – von der Universität Marburg „wegen Verkehrslage“ angelehnt

Monographien

  • Studien über die Dreikonsonanz in den germanischen Sprachen. Berlin 1920 [Teildruck der Dissertation].
  • Der Gottfried von Straßburg zugeschriebene Marienpreis und Lobgesang auf Christus. Untersuchungen und Text. Jena 1924 [Jenaer germanische Forschungen 4].
  • Ein Bruchstück aus einer bislang unbekannten Handschrift des Willehalm Wolframs von Eschenbach. Mit sprachlichen Bemerkungen von L. Wolff. Göttingen 1927 [Schriftenreihe der Deutschen Akademischen Rundschau 9].
  • Helden der Völkerwanderungszeit. Jena 1928.

Aufsätze

  • [diverse Beiträge in:] Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Bd. 1-5. Hg. v. Karl Langosch, Wolfgang Stammler. Berlin, Leipzig 1933-55.
  • Eine dritte Dichtung des Pfaffen Könemann. In: Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 50 (1924), S. 58.
  • Zur Bedeutungsgeschichte des Wortes Reim. In: Zeitschrift für deutsches Altertum 67 (1930), S. 263-271.
  • Der Willehalm Wolframs von Eschenbach. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 12 (1934), S. 504-539.
  • Germanisches Frühchristentum im Heliand. In: Zeitschrift für Deutschkunde 49 (1935), S. 37-54.
  • Minnesang und Spruchdichtung. In: Gerhard Fricke (Hg.): Von deutscher Art in Sprache und Dichtung. Band 2. Stuttgart, Berlin 1941, S. 249-279.
  • Rittertum und Germanentum. In: Friderich Müller (Hg.): Mannestum und Heldenideal. 5 Vorträge. Marburg 1942, S. 58-78.
  • Bratwurst. In: Muttersprache 59 (1949), S. 333-334.
  • Die Geisteswissenschaften in der Philosophischen Fakultät. In: Kurt Goldammer (Hg.): Marburg. Die Philipps-Universität und ihre Stadt. Marburg 1952, S. 78-80.
  • Über den Rückgang des Genitivs und die Verkümmerung der partitiven Denkformen. In: Annales Academiae scientiarum Fennicae. Ser. B. 84 (1954), S. 185-198.
  • Die höfisch-ritterliche Welt und der Gral in Wolframs Parzival. In: Beitr. Tübingen 77 (1955), S. 254-278.
  • Hartmann von Aue. In: Wirkendes Wort 9 (1959), S. 12-24.

Werkausgaben und Herausgeberschaften

  • Hartmann von Aue: Iwein. Mit Anmerkungen von G. F. Benecke und K. Lachmann. 5. Ausgabe, durchgesehen von Ludwig Wolff. Berlin 1926.
  • Hartmann von Aue: Der Arme Heinrich. Hg. von Hermann Paul. Zehnte Auflage besorgt von Ludwig Wolff. Tübingen 1953. [zudem die 11. und 12. Auflage]
  • Die Dichtung Könemanns. Kaland, Wurzgarten, Reimbibel. Hg. v. Ludwig Wolff. Neumünster 1953.
  • Otfrieds Evangelienbuch. 2. Auflage. Hg. v. Ludwig Wolff. Tübingen 1957.
  • Hartmann von Aue: Gregorius. Hg. v. Hermann Paul. 9 Aufl. besorgt von Ludwig Wolff. Tübingen 1959.
  • Hartmann von Aue: Erec. Hg. v. Ludwig Wolff. Tübingen 1963.
1. Trimester 1940 Walther von der Vogelweide
Hauptseminar: Hartmann von Aue
Einführung ins Althochdeutsche
2. Trimester 1940 Deutsche Dichtung der Salier- und Stauferzeit
Mittelhochdeutsch für Anfänger
Hauptseminar: Der Heliand
3. Trimester 1940 Deutsch-mittelalterliche Dichtung: Vom Rittertum zum bürgerlichen Realismus
Einführung ins Altnordische (an Hand der Gunnlaugsaga)
Minnesangs Frühling
WS 1943/44 keine Einträge im Vorlesungsverzeichnis
WS 1944/45 Altnordische Dichtung
Hauptseminar: Der Ackermann aus Böhmen
Die Gislasaga als Denkmal nordischen Sagenstils

(Bild: B. u. M. Weihmann [Hgg.], Klaus Groth-Gesellschaft, Jahresgabe 1969. Heide 1969)

Wissenschaftlicher Werdegang

Nachdem Ludwig Wolff 1922 in Göttingen habilitiert worden war, bemühten sich der Dekan der Philosophischen Fakultät und der Rektor der Universität Göttingen seit dem 8. August 1924 mehrfach erfolglos, dem Privatdozenten Wolff einen Lehrauftrag für niederdeutsche Sprache und Literatur zu verschaffen. [Weiterlesen]

Parteizugehörigkeiten

Am 6. Januar 1947 wurde Ludwig Wolff wegen seiner „anti-nationalsozialistischen Haltung“ von der Marburger Spruchkammer als entlastet eingestuft. Durch seinen freiwilligen Austritt aus der SA-Reserve habe Wolff – ungeachtet des allgemeinen Drucks – Widerstand gegen das NS-Regime geleistet ... [Weiterlesen]

Im Blick der Nachwelt

„Die Wolfram von Eschenbach-Gesellschaft hat den Tod ihres Ehrenmitglieds und emer. ordentlichen Professors für germanische und deutsche Philologie an der Philipps-Universität Marburg Ludwig Wolff zu beklagen, der am 30. Juni 1975 in einer Gießener Klinik verstorben ist. [...]" [Weiterlesen]

Das Germanische in der deutschen Dichtung des Mittelalters

Neben Untersuchungen zum Heliand sowie Aufsätzen zur „Neueren Literatur zum altgermanisch-nordischen Kreis“ finden sich in den 1940er Jahren zwei Aufsätze unter Wolffs Veröffentlichungen, in denen versucht wird, den Minnesang bzw. Texte von Wolfram von Eschenbach und Hartmann von Aue auf einen germanischen Volksgeist hin zu untersuchen, der an ihnen erkennbar sei und sie geprägt haben soll. [Weiterlesen]

Quellen und Literaturverzeichnis

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